Deutsches P.E.N.-Zentrum schlägt Bradley Manning für Friedensnobelpreis vor

10.05.11 (von test) Auf Antrag Otto Köhlers schlägt die Schriftstellervereinigung den »Whistleblower« für den Nobelpreis vor, denn, so die Begründung, er »hat, wenn die Beschuldigung richtig ist, es uns allen erleichtert, den Krieg im Irak und in Afghanistan zu beurteilen«

Aus: junge Welt Nr. 108 – 10. Mai 2011

Antrag Otto Köhlers zur Jahrestagung der Schriftstellervereinigung P.E.N.-Zentrum Deutschland vom 5. bis 8. Mai in Ingolstadt:

Die Jahrestagung 2011 des P.E.N-Zentrums Deutschland in Ingolstadt bittet das Nobelpreiskomitee, den diesjährigen Friedensnobelpreis dem Soldaten Bradley Manning zuzusprechen.
Der Friedensnobelpreis 1935 für den Deutschen Carl von Ossietzky hat alle Welt darauf aufmerksam gemacht, daß der Herausgeber der Weltbühne – in der Weimarer Republik wegen Landesverrats verurteilt – von den Nazis ins Konzentrationslager geworfen und gequält wurde.
Bradley Manning sitzt unter folterähnlichen Umständen im Gefängnis und muß wegen Landesverrats und wegen »Verbindung mit dem Feind« mit jahrzehntelangem Gefängnis oder mit der Todesstrafe rechnen. Er wird vermutlich zu Recht beschuldigt, als Geheimdienstexperte zahlreiche Dokumente über die US-Kriegsführung an die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Er hat es damit uns Schriftstellern und Publizisten ermöglicht, fundierte Urteile über den Krieg im Irak und in Afghanistan abzugeben.
Wir, die Mitglieder des deutschen P.E.N., können unsere Dankespflicht für die Verleihung des Friedensnobelpreises 1935 an Carl von Ossietzky endlich abstatten, indem wir das Nobelpreiskomitee bitten, mit Bradley Manning ebenso zu verfahren.

Auf der Jahrestagung des P.E.N.-Zentrum Deutschland wurde schließlich bei wenigen Enthaltungen die Ingolstädter Erklärung für den »Verrat unwürdiger Geheimisse« (Ingeborg Bachmann, Alle Tage) verabschiedet:

Der US-Soldat Bradley Manning sitzt unter inhumanen Bedingungen im Gefängns und muß wegen Landesverrates und wegen »Verbindungen mit dem Feind« mit jahrzehntelanger Haft oder sogar mit der Todesstrafe rechnen. Er wird beschuldigt, als Geheimdienstexperte zahlreiche Dokumente zur US-Kriegsführung über Wikileaks an die Öffentlichkeit gebracht zu haben.
Der deutsche P.E.N. dankt Bradley Manning. Er hat, wenn die Beschuldigung richtig ist, es uns allen erleichtert, den Krieg im Irak und in Afghanistan zu beurteilen. Bradley Mannings Beispiel zeigt, daß der Verrat militärischer Geheimnisse dem Frieden dienen kann.

Nachtrag:
Im ausführlichen Interview mit dem Deutschlandfunk am Sonntag abend über das Jahrestreffen (Motto: »Für ein Schreiben in Freiheit«) erwähnte P.E.N.-Generalsekretär Herbert Wiesner, der in der Redaktionskommission zur Umformulierung des Antrags saß, die Entschließung für Bradley Manning leider mit keinem Wort. Ausführlich ging er auf China, Belarus, die Türkei, Iran und Libyen ein.


Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel741.html
Stand: 25.04.2024 um 10:27:08 Uhr