Kolumne 858 vom 29.05.2017: Kaskade des Wahnsinns

29.05.17 (von maj) Was sich heute in den USA abspielt, ist haarsträubender als das, was 1974 zum Rücktritt des Ex-US-Präsidenten Richard Nixon geführt hat. In Trumps Reich riecht es nach Korrup­tion, nach kapitalistischer Habgier im Übermaß und einer imperialen Arroganz von globalem Ausmaß

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 123 vom 29. Mai 2017: Bitte HIER klicken![1]

Kaskade des Wahnsinns
Es ist überaus schwierig, über die Präsidentschaft von Donald Trump zu schreiben, die gegenwärtig vor unseren Augen zu zerbröseln scheint. Zum Teil liegt das an dem Tempo, in dem es ständig zu neuen Enthüllungen über Skandale kommt, die von neuen Skandalen wieder übertroffen werden. Die Äußerungen und Tweets des US-Präsidenten sind eine tägliche Kaskade des Wahnsinns. Das liegt natürlich auch an den neuen Medien, die uns 24 Stunden am Tag ohne Atempause mit ihren Informationen befeuern. Trump ist schier besessen von diesen »sozialen Medien«, und er besitzt das einmalige Talent, alle Erklärungsversuche seiner Regierungssprecher im nächsten Moment mit seinem Gezwitscher zu unterminieren.

Wir werden Zeugen der neuesten Form einer Reality Show – der »Trump-Show«. In der Hauptrolle Donald J. Trump, ein manischer Superstar, der sich noch nicht entschieden hat, ob er in einer Komödie oder einer Tragödie spielt. Es scheint jedoch eher so, dass bei diesem Theater am Ende eine absurde Farce herauskommt.

Kürzlich veröffentlichte die New York Times einen Leitartikel, dessen Autor darüber nachsann, ob die USA nicht eine Nation seien, die von einem Kind regiert wird. Einem launischen, ungezogenen und zu Wutanfällen neigenden Sechsjährigen, der spielt, er sei der Herrscher über die Welt.

Im Zeitraum von nur einem Vierteljahr hat Trump seine Regierung in den Morast der sogenannten Russland-Falle geführt. Sein Land leidet inzwischen unter der von Trumps Verhalten verursachten Erschöpfung. Seine Partei, die »Trump-Partei« der Republikaner, erweist sich zunehmend als eine Vereinigung von Durchgedrehten, deren programmatische Hauptbeschäftigung nur noch darin zu bestehen scheint, sich schützend vor einen Präsidenten zu stellen, der unfähig oder nicht willens ist, sich selbst zu verteidigen.

Die Konzernmedien, die sich während des Wahlkampfs aus den Fress­trögen von Trumps Tross ernährten, haben nach seinem Sieg Geschmack daran gefunden, es ihm gleichzutun. Und so versuchen sie sich nun gegenseitig darin zu übertreffen, wer den größten Torpedo abschießt, um das Schlachtschiff »USS Trump« zu versenken. Seit der Watergate-Affäre um US-Präsident Richard Nixon haben wir nicht mehr so eine furiose Jagd auf einen Präsidenten erlebt, um ihm das Fell über die Ohren zu ziehen.

Als junger Student am Goddard-College im ländlichen Vermont kaufte ich mir in den 1970er Jahren einmal in einem Gemischtwarenladen eine Ausgabe der New York Times. Die Titelseite enthielt einen kurzen Artikel, der vom gescheiterten Einbruch in das Watergate-Hotel berichtete. Wer hätte damals gedacht, dass ein dem ersten Anschein nach so unbedeutendes Ereignis einen US-Präsidenten stürzen könnte? Was sich heute vor unseren Augen abspielt, ist größer, dreister, hässlicher, haarsträubender. Es riecht nach Korrup­tion, nach kapitalistischer Habgier im Übermaß und einer imperialen Arroganz von globalem Ausmaß. Es fühlt sich an wie der Anfang vom Ende.

Übersetzung: Jürgen Heiser


Links im Artikel: 1
[1] https://www.jungewelt.de/artikel/311460.kaskade-des-wahnsinns.html

Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel1534.html
Stand: 28.03.2024 um 20:00:50 Uhr