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Kolumne # 613 vom 22.09.2012: Explosion der Gefühle

22.09.12 (von maj) Proteste gegen antiislamischen Film sind Ergebnis der US-Gewaltpolitik

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 222 – 22./23. September 2012

Anfang Juni 2009 eroberte ein neuer US-Präsident mit seiner Redekunst, seiner scheinbaren Ernsthaftigkeit, vor allem aber mit der Ausstrahlung seiner Persönlichkeit ein großes Publikum in Kairo. Mit diesem Präsidenten besuchte zum ersten Mal ein Regierungschef der USA die arabische Welt, dessen Hautfarbe und dessen Name Barack Hussein Obama darauf verweisen, daß er durch seinen kenianischen Vater afrikanische und islamische Wurzeln hat. Schon allein damit löste er unter seinen nordafrikanischen Zuhörern Begeisterung aus.
Nur wenige Jahre später werden US-Botschaften in mehreren nordafrikanischen und arabischen Ländern von aufgebrachten Menschen angegriffen. Am härtesten trifft es das US-Konsulatsgebäude in der libyschen Stadt Benghasi, wo das unter der neuen libyschen Regierung der Nach-Ghaddafi-Ära akkreditierte Konsulatspersonal mit Panzerfäusten beschossen wird. Vier US-Amerikaner kamen zu Tode, darunter US-Botschafter Chris Stevens.
Ein aufhetzender antiislamischer Film, der den Propheten Mohammed verunglimpft, wird als Auslöser für die Angriffe verantwortlich gemacht. Die Ereignisse werfen die Frage auf, ob die arabischen Völker die USA wirklich als befreundete Nation sehen, denn gegen Freunde geht man nicht mit Feuer und Schwert vor. Die Wahrheit ist, daß Obama in seiner Rede in der Universität von Kairo zwar viele Versprechen machte. Aber durch den von ihm befohlenen Drohnenkrieg gegen angebliche »islamistische Extremisten« und durch sein stillschweigendes Einverständnis mit dem israelischen Extremismus, der sich gegen Palästinenser richtet, wurden viele Brücken zur arabischen und islamischen Welt zerstört. Die daraus resultierende Enttäuschung erzeugte eine Explosion der Gefühle, die sich nun in realer Zerstörung Bahn bricht und zur Explosion realer Bomben führt. Dabei sollte nicht übersehen werden, daß die ersten Angriffe am 11. September stattfanden.
Auch in Kairo, dieser großen kosmopolitischen und altertümlichen Stadt, in der Obamas Name vor nicht allzu langer Zeit noch große Hoffnungen weckte, wurde die US-Botschaft gestürmt und die US-Flagge in Fetzen gerissen. Und wie so oft im Leben zeigt sich auch in diesen Ereignissen eine gewisse Ironie. Während die US-Botschaft in Libyen zweifellos ein Stützpunkt der gegen Ghaddafi kämpfenden Aufständischen war, wurde dieser Umstand nun zur Ursache dafür, daß das US-Konsulat in Benghasi in Flammen aufging. Mit anderen Worten: Die Gewalt fällt wieder auf ihre Verursacher zurück. Wie es scheint, ist der »arabische Frühling« vorbei.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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