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Kolumne # 588 vom 31.03.2012: Tod an der Tankstelle

31.03.12 (von maj) »Bürgerwehr«-Schütze in Florida bislang straflos davongekommen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 78 – 31. März/ 1. April 2012

Ein Jugendlicher geht abends noch einmal raus zur Tankstelle, um sich einen Snack zu besorgen. Ihm ist einfach nach etwas zum Naschen und einem süßen Getränk, um es herunterzuspülen. Ein Mann sieht den Jungen vorbeigehen. Es ist George Zimmerman, der hier in Sandford, Florida, einer Bürgerwehr angehört und deshalb eine Pistole im Hosenbund trägt. Er beäugt den Jugendlichen mißtrauisch, weil er einen Kapuzenpulli trägt. Nur wenige Augenblicke später liegt der unbewaffnete Teenager tot am Boden. Es ist Trayvon Martin, 17 Jahre alt.
Eine Polizeistreife taucht auf, gerufen von Zeugen, die den Vorgang beobachtet haben. Die Polizisten unterhalten sich mit dem Todesschützen. Der erklärt seelenruhig, er habe in Notwehr gehandelt. Das Gespräch verläuft vermutlich so wie der Informationsaustausch nach einem Verkehrsunfall mit Blechschaden. Ein kurzer Wortwechsel, den man sich so vorstellen könnte. Der Schütze: »Hallo, Jungs, das war Notwehr.« Erster Polizist: »Ja, sieht mir ganz nach Notwehr aus.« Zweiter Polizist: »Und sieht so aus, als wär’s ein guter Schuß gewesen.« Der Schütze: »Ja, der Junge hat mir ’n Fausthieb versetzt.« Erster Polizist: »Ist kein großes Ding. Das war Notwehr.« Zweiter Polizist: »Aber ’n guter Schuß!« Der Schütze im Weggehen: »Schönen Abend noch.«
Der Vorfall ereignete sich Ende Februar 2012 in einem US-Bundesstaat, in dem der Begriff der »Notwehr« seit einer Gesetzesänderung unter Gouverneur Jeb Bush im Jahr 2005 sehr weit ausgelegt wird. Die »Stand-Your-Ground«-Gesetze besagen, man solle »nicht von der Stelle weichen« bei der Bekämpfung von Einbrechern und Angreifern. Aus dem defensiven Moment der Notwehr wird damit eine offensive Abwehr mit allen Mitteln, bei der Tote billigend in Kauf genommen werden.
Der Todesschütze von Sandford wurde nicht verhaftet. Er wurde nicht einmal ausführlich verhört, und es gab keine gründliche Spurensicherung am Tatort. »Der Fall ist abgeschlossen«, hieß es offiziell schon nach nur vier Wochen. Mal angenommen, das Ganze wäre unter umgekehrten Vorzeichen passiert. Der Schütze ein älterer großer Schwarzer, der Teenager ein weißer Rap-Fan mit Kapuzenpulli und unbewaffnet. Und dann liegt er plötzlich auf der Straße mit dem Gesicht nach unten. Wie hätten die Polizisten dann wohl reagiert? Selbstverständlich ist jedem klar, wie sie reagiert hätten.
Was sagt das über dieses System aus? Alles, was man wissen muß. Trayvon Martin ist uns nun allen bekannt. Aber sein Schicksal teilen noch viele andere Trayvons, deren Namen und Gesichter unbekannt bleiben. Das wirklich Tragische daran ist jedoch, daß ihre Zahl zweifellos weiter zunehmen wird. Denn das System macht keine Fehler, es ist einfach verkommen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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