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Kraft der Solidarität verdeutlichen

22.02.12 (von ivk-jw) Angela Davis als Erfolgsbeispiel: Initiativen wollen sich für politische Gefangene in den USA einsetzen / Veranstaltungebericht aus Berlin

Aus: junge Welt Nr. 45 – 22. Februar 2012 / Von Florian Möllendorf

Weit über zwei Millionen Menschen sitzen derzeit in den USA hinter Gittern. So viele wie nirgendwo sonst auf der Welt. Dazu zählen politische Gefangene, die zum Teil seit mehreren Jahrzehnten eingesperrt sind. Über die Haftbedingungen dieser Langzeitgefangenen sowie die internationale Bewegung für deren Freilassung informierten am Montag abend die »Initiative Presente«, das »Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen« und »Free Mumia Berlin« beim »Internationalistischen Abend« im Stadtteilzentrum Zielona Gora in Berlin-Friedrichshain. Die von ihnen unterstützte Kampagne »Free the Prisoners of War« soll auf die Situation der Häftlinge aufmerksam machen und Druck auf die US-Regierung ausüben.
Die Aktivisten sehen eine enge Verbindung zwischen dem Kampf für die Befreiung politischer Häftlinge und dem für sozialen Fortschritt und grundlegende gesellschaftliche Veränderungen. »Innerhalb der USA ist rund ein Drittel der Bevölkerung weitgehend von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Neben Schwarzen und Latinos, die der staatlichen Gewalt in Form von Armut, unterlassener Versorgung bei Bildung und Gesundheit sowie gezielter rassistischer Verfolgung durch Polizei und Justiz ausgesetzt sind, werden zunehmend auch Teile der weißen Arbeiterklasse und Akademiker an den gesellschaftlichen Rand gedrängt«, betonte ein Referent der Berliner Initiative für die Freilassung des Langzeithäftlings Mumia Abu-Jamal. Der Kampf für politische Gefangene sei ein Schlüssel für gegenwärtige und zukünftige Bewegungen, um die Kraft der Solidarität beim Widerstand gegen Unterdrückung deutlich zu machen. Dabei entdeckten viele Menschen vergangene Bewegungen wieder und verknüpften aktuelle Kämpfe mit den Erfahrungen der Black Panthers und des American Indian Movement. So etwa die »Occupy«-Bewegung in Oakland, die dazu aufrufe, Knäste zu besetzen.
Über ein besonderes Beispiel internationaler Solidarität sprach jW-Redakteurin Claudia Wangerin im Rahmen der Veranstaltung mit Klaus Steiniger. Als DDR-Journalist hatte er 1972 in den USA den Prozeß gegen die sozialistische Bürgerrechtlerin Angela Davis beobachtet. Davis war Mitglied der Black Panther Party gewesen, bevor sie 1968 der Kommunistischen Partei der Vereinigten Staaten beitrat. Später gründete sie ein Solidaritätskomitee für die »Soledad Brothers«, drei schwarze Häftlinge im kalifornischen Gefängnis Soledad, die sich gegen rassistische Willkür von Justiz und Gefängnispersonal zur Wehr setzten. 1970 wurden sie des Mordes an einem weißen Wärter beschuldigt und mit der Todesstrafe bedroht. Die junge Dozentin Angela Davis, die wegen ihrer KP-Mitgliedschaft mehrfach von der Universität verdrängt werden sollte, sah sich durch zunehmende Bedrohung und Hetze zum legalen Erwerb von Waffen gezwungen. Genossen stellten ihr außerdem Leibwächter, darunter war der 17jährige Jonathan Jackson.
Mit einer auf Angela Davis registrierten Schußwaffe stürmte der kleine Bruder des »Soledad-Brothers« George Jackson 1970 den Gerichtssaal von San Rafael in Marin County, wohl, um durch eine Geiselnahme die Freilassung der militanten Häftlinge zu erpressen. Die Polizei eröffnete das Feuer auf das Fluchtfahrzeug. Darin starben Jackson und zwei an der Aktion beteiligte Gefangene sowie der entführte Richter. Wenig später wurde Angela Davis verhaftet und wegen Mordes, Menschenraubs und Verschwörung angeklagt. Für ihre Freilassung entwickelte sich eine weltweite Kampagne, als deren erster Effekt gilt, daß die ihr drohende Todesstrafe in Kalifornien abgeschafft wurde. Vor allem aus der DDR erreichten die Gefangene Hunderttausende Solidaritätsbekundungen. Lebenslange Haft wollte die Anklage unter Vernachlässigung wichtiger Aspekte der Beweisführung durchsetzen. Entlastet wurde Davis unter anderem von Ruchell Magee, dem Überlebenden der gescheiterten Gefangenenbefreiung in San Rafael, der bis heute in Haft sitzt. Davis wurde schließlich in allen Punkten freigesprochen. »Die weltweite Unterstützung für Angela Davis trug entscheidend zu ihrer Freilassung bei«, betonte Klaus Steiniger. »Ohne diese Weltkampagne wäre es nicht gelungen, den Henkern in den Arm zu fallen«.
Das künstlerisch gestaltete Einladungsplakat zu der Veranstaltung in Friedrichshain soll nun an mehrere Langzeitgefangene in den USA geschickt werden, so auch an den schwerkranken Leonard Peltier. Die Aktivisten wollen sich für die Freilassung der aus politischen Gründen Inhaftierten einsetzen.

 
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