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»Wir bitten alle eindringlich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, damit die Solidaritätsbewegung keinen Schaden nimmt, der letztlich Mumia trifft«

10.11.10 (von ivk - jW) Ausgerechnet vor einem der wichtigsten Termine in der letzten Phase der juristischen Auseinandersetzung um den zum Tode verurteilten US-Bürgerrechtler und Ex-Black-Panther Mumia Abu-Jamal sorgen widersprüchliche Nachrichten über einen Konflikt bezüglich der richtigen Verteidigungsstrategie für Verunsicherung in der Solidaritätsbewegung und der kritischen Öffentlichkeit. Mit großem Tempo lancierte Falschmeldungen, Hauptverteidiger Robert R. Bryan habe »einen Tag vor der Anhörung das Handtuch hingeschmissen« (Nachrichtenagentur dapd) nährten einerseits die Verunsicherung, andererseits den Verdacht, daß nicht zufällig die Demontage der weltweiten Solidaritätsbewegung betrieben wird. Damit dieser Plan nicht aufgeht, müssen wir auf die schriftlichen Erklärungen derjenigen warten, die uns die einzig verläßlichen Informationen über die tatsächlichen Vorgänge und Entscheidungen geben können: Mumia Abu-Jamal und Rechtsanwalt Robert R. Bryan. Wir dokumentieren dazu nach dem aktuellen »junge Welt«-Artikel die persönliche Stellungnahme von Rolf Becker, Gewerkschafter und Schauspieler aus Hamburg, Eberhard Schultz, Rechtsanwalt aus Berlin, und Jürgen Heiser vom Internationalen Verteidigungskomitee (IVK) aus Bremen in ungekürzter Fassung

Aus: junge Welt Nr. 263 – 10. November 2010

ZOFF IN MUMIA-SOLIBEWEGUNG
Hauptverteidiger legt in aktueller Anhörung von US-Bürgerrechtler Mandat nieder

Im Fall des zum Tode verurteilten US-Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal war für den gestrigen Dienstag (nach jW-Redaktionsschluß) eine Anhörung vor dem 3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia angesetzt. Konkret geht es um das Strafmaß: lebenslange Haftstrafe oder Todesstrafe. Zu Irritationen führten Meldungen im Vorfeld, Robert R. Bryan, Abu-Jamals Hauptverteidiger aus San Francisco, habe »einen Tag vor der Anhörung das Handtuch« geworfen (dapd). AP meldete einen »Konflikt im Verteidigungsteam«. Bryan sei wegen Differenzen über die Strategie für die Anhörung »beiseite getreten, weil Mumia wünschte, die Juraprofessorin Judith Ritter von der Widener University sprechen zu lassen«.
Ursprung dieser Meldungen war die Einladung zu einer für Montag in Philadelphia anberaumten Pressekonferenz von Kampagnengruppen aus New York und Philadelphia. Diese behaupteten, Abu-Jamal habe Bryan »mit Bedauern entlassen«, ohne allerdings überprüfbare Erklärungen von Abu-Jamal, Bryan oder Ritter zu zitieren. Einen Hinweis, in wessen Namen sie sprachen, blieben die Autoren schuldig. Die Juristin Ritter war für die Presse nicht zu erreichen.
In einer noch am Montag verbreiteten Stellungnahme warnten in der BRD der Gewerkschafter und Schauspieler Rolf Becker, Rechtsanwalt Eberhard Schultz und Jürgen Heiser vom Internationalen Verteidigungskomitee davor, »voreilige Schlüsse zu ziehen, damit die Solidaritätsbewegung keinen Schaden nimmt, der letztlich Mumia trifft.« Telefonisch habe Bryan ihnen gegenüber erklärt, nur »das Mandat im Verfahrenszug vor dem 3. Bundesberufungsgericht niedergelegt« zu haben. In einem Konflikt mit Ritter sei kein Kompromiß zu erzielen gewesen. Sie habe die ganze Redezeit für sich allein beansprucht. Außerdem sei auf ihn, Bryan, aus dem Kreis jener, die zur Pressekonferenz geladen hatten, massiver Druck ausgeübt worden. »Um den Konflikt beizulegen«, so Becker und Kollegen, habe »Bryan bei Gericht beantragt, von der Verpflichtung, an der Anhörung teilnehmen zu müssen, entbunden zu werden«. Das Gericht habe dem am vergangenen Freitag stattgegeben und Ritter geladen.
Gegenüber jW erklärte Bryan, er werde diesen Konflikt mit seinem Mandanten klären und ihn vor dem Obersten Gerichtshof und in weiteren juristischen Schritten, an denen intensiv gearbeitet werde, vertreten. (jW)

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STELLUNGNAHME ZU DER NACHRICHT »MUMIA ENTLÄSST ROBERT R. BRYAN«
»Wir bitten alle eindringlich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, damit die Solidaritätsbewegung keinen Schaden nimmt, der letztlich Mumia trifft«

Die Verbreitung der in der Überschrift zitierten Nachricht durch das Berliner »Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal« veranlasst uns zu folgender Stellungnahme:

Telefonisch haben wir von Robert R. Bryan, Hauptverteidiger von Mumia Abu-Jamal, erfahren:
1.) In einem Konflikt mit seiner Co-Verteidigerin, Rechtsanwältin Judith Ritter, war trotz vieler Versuche und langwieriger Gespräche vor der morgigen Anhörung keine Verständigung über einen Kompromiss zu erzielen. Aus dem Kreis derer, die nun in den USA zur Pressekonferenz laden, wurde massiver Druck auf Robert R. Bryan ausgeübt.
2.) Um den Konflikt beizulegen, hat RA Bryan bei Gericht beantragt, von der Verpflichtung, an der Anhörung teilnehmen zu müssen, entbunden zu werden. Das Gericht gab dem statt und legte fest, dass RAin Ritter in der Anhörung allein spricht.
3.) Damit ist nur das Mandat RA Bryans im Verfahrenszug vor dem 3. Bundesberufungsgericht niedergelegt.
4.) RA Bryan wird den Fortgang des Verfahrens – die relativ sichere erneute Verhandlung des Falles vor dem Obersten Gerichtshof und die weiteren juristischen Maßnahmen und Ermittlungen, die er in Absprache mit seinem Mandanten bereits ergriffen hatte – nach der Anhörung mit Mumia Abu-Jamal klären und mit ihm zusammen Entscheidungen treffen.

Wir erwarten derzeit eine authentische Stellungnahme von Mumia Abu-Jamal und stehen in Kontakt mit der Verteidigung. Nach Eingang dieser Stellungnahmen werden wir zu den komplizierten Fragen Stellung nehmen. Wir bitten alle eindringlich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, damit die Solidaritätsbewegung keinen Schaden nimmt, der letztlich Mumia trifft.

Wir bitten außerdem eindringlich alle, äußerst sorgfältig mit der Verbreitung von Informationen wie der oben zitierten umzugehen!
Die Informationen aus der Ankündigung einer Pressekonferenz, zu der Teile der US-Kampagne einladen, sind offensichtlich in keiner Weise überprüft worden. Angesichts der Nachricht, Mumia Abu-Jamal habe seinen Hauptverteidiger Robert R. Bryan entlassen, vermissen wir im Schreiben aus Berlin vor allem persönliche Stellungnahmen von Mumia Abu-Jamal und Robert R. Bryan.
Auffällig ist zudem, dass an der für heute Nachmittag 15:00 Uhr Ortszeit (21:00 Uhr bei uns) anberaumten Pressekonferenz niemand von der Verteidigung teilnimmt, sondern nur Gruppierungen und Einzelpersonen, die nicht erklären, in wessen Auftrag sie sprechen.

In dieser zugespitzten Situation, in der es morgen vor dem 3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia um Mumia Abu-Jamals Existenz geht, brauchen wir aber keine Informationen, die man glauben kann oder nicht, sondern überprüfbare Fakten aus erster Hand.

Montag, 8. November 2010, 17:00 Uhr

Rolf Becker, Gewerkschafter, Hamburg
Eberhard Schultz, Rechtsanwalt, Berlin
Jürgen Heiser, Internationales Verteidigungskomitee (IVK), Bremen

Nachfragen: ivk (a) freedom-now dot de

 
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