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Kolumne # 506 vom 4.09.2010: Krieg in Gottes Namen

04.09.10 (von maj) Die Grundmuster militärischer Überfälle auf fremde Länder sind immer gleich

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 206 – 04./05. September 2010

In den USA werden in diesen Tagen überall im Land Fahnen aufgezogen, und bekannte Fürsprecher der Nation fordern in ihren salbungsvollen Reden die Bürger dazu auf, mehr Patriotismus zu zeigen und den US-Truppen die Ehre zu erweisen. Im Namen ihres Gottes der Christenheit predigen sie Nationalismus und Militarismus. Kein Wort wird jedoch in den offiziellen Reden verloren über die Gedanken, die im Land und weltweit in vielen Köpfen vorhanden sind, aber unausgesprochen bleiben. Gedanken über den Verdacht, das US-Militär könnte möglicherweise in etwas Unehrenhaftes verwickelt gewesen sein. Nach offizieller Leseart verliert die Rolle der US-Armee als kämpfende Besatzungstruppe in Irak. Aber kaum jemand kann behaupten, der gegen dieses am Boden liegende Land vom Zaun gebrochene Krieg sei eine weise Entscheidung gewesen. Es kann auch niemand ernsthaft geltend machen, der Krieg habe die Region des Mittleren Ostens sicherer und stabiler gemacht, oder die USA und ihre Verbündeten seien jetzt vor weiteren Anschlägen wie jenen des 11. Septembers 2001 geschützt. Darauf bauten ja die Lügen, mit denen die Kriege gegen Afghanistan und Irak begonnen wurden, im wesentlichen auf.
Historische Ereignisse lassen sich nicht einfach miteinander vergleichen, aber manchmal ist es erhellend, sich Entwicklungen anderer Länder und Gesellschaften anzuschauen, um bestimmte Grundmuster zu erkennen und aus der Geschichte zu lernen.
Fast hundert Jahre ist es her, daß am Ende des Ersten Weltkriegs die geschlagenen Kriegsveteranen des kaiserlichen Deutschen Reiches voller Bitterkeit über die erlittene Niederlage und die Verluste heimkehrten. Den Friedensvertrag von Versailles, der Deutschland zu Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen verpflichtete, empfanden viele als Schmach und bezeichneten ihn als »Diktat von Versailles«. Rechte Kräfte und Organisationen reagierten schnell auf diese Unzufriedenheit und machten sie sich zunutze. Sie mobilisierten zu großen Aufmärschen und Demonstrationen zu Ehren der deutschen Soldaten, propagierten die nationale Einheit und forderten mehr Vertrauen in Gott und die Macht deutscher Waffen. Diese Art der Huldigung deutschen Soldatentums wurde institutionalisiert, als 1919 der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den »Volkstrauertag« als Gedenktag ausschließlich für die gefallenen deutschen Soldaten vorschlug – angesichts der Millionen gefallenen Soldaten aus vielen Ländern, gegen die das deutsche Kaiserreich Krieg führte, ein unglaublicher Vorgang. 1922 wurde dieses »Volkstrauern« zum ersten Mal als Gedenkstunde im Berliner Reichstag begangen.
Diese Stimmungsmache bis in die höchste Staatsführung stärkte die nationalistische und konservative Rechte in Deutschland und führte schließlich zum Aufstieg der Nazis und damit zu einem neuen Weltkrieg, der in einem fürchterlichen Gemetzel endete. Als die deutsche Wehrmacht 1939 ihren blutigen Feldzug gegen die europäischen Nachbarn, die Sowjetunion und weite Teile der Welt begann, trug das Uniformkoppelschloß der Soldaten die Aufschrift »Gott mit uns«.
Angesicht der Anrufung von Gott und Nation zu Ehren der heimkehrenden US-Soldaten muß heute die Frage gestellt werden, welches Verhalten »ehrenvoller« ist: das einer Mehrheit von Soldaten, die blind den Befehlen ihrer politischen und militärischen Anführer folgen und die sich an Kriegsverbrechen beteiligen, oder das jener Minderheit von Soldaten, die den Befehl verweigern und die sich nicht an illegalen, völkerrechtswidrigen und inhumanen Einsätzen beteiligen wollen? Die US-Regierung und ihre militärische Führung werden diese Frage auf ihre Weise beantworten, wenn sie die einen mit Orden und Medaillen auszeichnet und die anderen ächtet und ins Gefängnis steckt.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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