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Kolumne 22.05.2010: Der Held des Niedergangs

22.05.10 (von maj) Zum Regierungswechsel in London: Wie Anthony Blair die Labour-Party in den Ruin führte

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 117 – 22./23. Mai 2010

Als der bisherige britische Premierminister Gordon Brown kürzlich sein Amt an seinen konservativen Gegner David Cameron abgeben mußte, symbolisierte diese Niederlage den Niedergang der Labour-Party. Von ihren besseren Tagen, als sie am Ende der Ära Thatcher ihren großen Aufschwung erlebte, bis hin zu ihrem aktuellen Kollaps.
Anthony Blair, genannt »Tony«, übernahm 1994 den Parteivorsitz. Unter seiner Führung gewann Labour die Wahlen zum Unterhaus und beendete damit eine achtzehnjährige konservative Regierungszeit. Auf dem damaligen Parteitag der britischen Sozialdemokraten hielt Blair eine außergewöhnliche Rede, die aus jetziger Sicht noch bemerkenswerter erscheint: »Da der heutige Tag ein Tag der Offenheit ist, gestehe ich, daß nicht nur Ernie Bevin, Nye Bevan und Attlee zu meinen Helden zählen. Auch Keynes, Beveridge, Lloyd George gehören dazu. Es lag an den Unstimmigkeiten unter den Radikalen vor fast hundert Jahren, daß das 20. Jahrhundert von den Konservativen dominiert wurde. Deshalb will ich, daß das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Radikalen wird.«
Blairs »Helden« Bevin, Bevan und Attlee sind bis heute große Leitfiguren der Labour Party, die es zu Ministern und – wie Attlee – zum Premierminister brachten. Von den drei anderen waren John Maynard Keynes und William Henry Beveridge adlige Ökonomen und Mitglieder der Liberalen Partei, Earl Lloyd George of Dwyfor war britischer Premierminister während des Ersten Weltkriegs und der letzte Liberale, der dieses Amt innehatte.
Geleitet von dieser Palette an historischen Vorbildern wurde Blair jüngster Premierminister Englands seit 1935 und trat das Erbe einer Partei an, die im zurückliegenden Jahrhundert nur während 25 Jahren die Regierung stellte. Blair selbst blieb ein Jahrzehnt im Amt, bevor er es 2007 seinem Schatzkanzler Gordon Brown überlassen mußte. Die Gründe? Die Beteiligung am Irak-Krieg hatte zu großer Unzufriedenheit in der britischen Bevölkerung geführt. In der Folge wandten sich viele Parteimitglieder von Blair und noch mehr Wähler von Labour ab. Kleine linke Parteien, Rechte, Konservative und Liberale begannen, am Kadaver des am Boden liegenden Parteikolosses herumzunagen.
George Galloway, Unterhausabgeordneter der linken Antikriegspartei Respect – The Unity Coalition (Respekt – Die Koalition der Einheit), erklärte im Juni 2009 in einer Parlamentsrede: »Als ich es 2005 als erster Abgeordneter seit 60 Jahren geschafft hatte, links von Labour ins englische Parlament gewählt zu werden, war der Grund dafür Irak. Die Mitgliedschaft der Labour Party hat sich wegen Irak halbiert. Millionen ehemaliger Wähler haben die Partei verlassen, und neue Parteien – linke und rechte – wachsen und werden stärker wegen Irak. Das ist nicht plötzlich passiert, sondern nach und nach durch das Gift, das durch die Irak-Frage in die Adern des britischen Gemeinwesens eingedrungen ist und darin pulsiert. Der Vertrauensverlust der politischen Klasse ist das Ergebnis des Irak-Krieges.«
Blair und seine Gefolgsleute haben die Regierung in ein Machtinstrument der Konzerne und in den verlängerten Arm der imperialen Macht der USA verwandelt. Damit hat die Labour-Führung nicht nur ihre Mitglieder, sondern die ganze Klasse, aus der die Partei einst hervorging, und die Nation verraten. Indem Blair seine Partei in »New Labour« umformte, hat er den Staatsapparat an den Markt verkauft und seinen Wählern den Rücken gekehrt. Den Werktätigen blieb von ihrer »Partei der Arbeit« nur noch der Name.
Das sklavische Buckeln und Kratzen der Labour-Parteiführung vor dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush, vor der Wall Street und Londons Banken und Finanzhäusern hat zum Niedergang von Labour geführt und zum Machtzuwachs der Konservativem im Parlament.
Was seine »Helden« betrifft, so würden sie angesichts des Schlamassels, den »New Labour« angerichtet hat, Blair sicher nicht applaudieren. Von Ernest Bevin (1881–1951) stammen die Worte: »Es hat noch nie einen Krieg gegeben, den man nicht hätte verhindern können, wenn man dem gemeinen Volk nur die Fakten sachlich dargelegt hätte. Der einfache Mann ist meiner Meinung nach der beste Schutz gegen Krieg.«

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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