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Kolumne 28.11.09: Glaube an das Prinzip Macht

28.11.09 (von maj) Warum in den USA Truthähne bessere Aussichten auf Begnadigung haben als unschuldige Menschen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 276 - 28./29. November 2009

Im sogenannten politischen Geschäft bürgerlicher Gesellschaften gibt es eine Tendenz, seine Haltung zu einer bestimmten Position in ihr glattes Gegenteil zu verkehren, und so selbstverständlich, wie man die alte Position vertreten hat, sich nun für die neue einzusetzen. Das zeigt sich am deutlichsten, wenn Kandidaten zur Partei des bisherigen politischen Gegners wechseln. Genauso kann es aber passieren, daß Parteien im Laufe der Zeit ihre Positionen völlig verändern.
In den Tagen des Amerikanischen Bürgerkriegs und noch lange Zeit danach stand die Demokratische Partei für eine Ideologie weißer Vorherrschaft und Fremdenfeindlichkeit. Sie war damals eine offen rassistische Partei. Auf ihren Veranstaltungen zeigte sie offen Transparente mit dem Schimpfwort »Nigger«, und insgeheim war der Ku Klux Klan der militante Flügel der Partei.
Die Republikanische Partei hingegen galt als antirassistisch und war Nutznießer einer kleinen, aber loyalen Schicht von schwarzen Wählern. Sie berief sich sogar auf Frederick Douglass, den bemerkenswerten schwarzen Anführer der Sklavereigegner.
Hundert Jahre und eine Bürgerrechtsbewegung später nahm die Partei diametral entgegengesetzte Grundpositionen ein. Die gern auch »Grand Old Party« (GOP) genannte Republikanische Partei entwickelte in den 1960er Jahren unter dem Begriff »Southern strategy« eine politische Strategie, mit der sie die Angst weißer Bürger vor der schwarzen Bürgerrechtsbewegung für ihre eigenen Zwecke ausnutzte.
Die Faktoren einer nur auf die eigenen Interessen ausgerichteten Politik zeigen sich vor und nach jeder Wahl. Die Kandidaten führen ihren Wahlkampf mit Zielen, die nach dem Wahlsieg in der Regierungspolitik keine Rolle mehr spielen oder offen verraten werden. In dieser Hinsicht war der vorletzte US-Präsident George W. Bush ein Meister. In seinem Wahlkampf trat er eher gemäßigt auf und wies in Fragen der Außenpolitik eine eher »zurückhaltende« Ausrichtung seiner Positionen auf. Was sich aber bekanntermaßen in den acht Jahren seiner Präsidentschaft auf extreme Weise änderte.
Bush gab sich wie seine Vorgänger Bush senior und Clinton gern human. Zwar hatte er als Gouverneur von Texas in 156 Fällen die Begnadigung von Todeskandidaten »in die Hände Gottes« gelegt und sie gnadenlos hinrichten lassen, aber als Präsident begnadigte er am wichtigsten Feiertag der USA, dem Erntedankfest »Thanksgiving Day« im November, den dem Präsidenten traditionell vom Putenzüchterverband zum Verzehr geschenkten Truthahn. Auch US-Präsident Obama tat es ihm am vergangenen Mittwoch gleich und schenkte einem Truthahn namens »Courage« das Leben und machte ihn zum Ehrengast seiner öffentlichen Erntedankfeier. »Ich wollte den armen Tropf eigentlich essen«, so Obama, »aber meine beiden Töchter Sasha und Malia haben um Gnade für ihn gebeten.« Nur einen Moment später dankte er aber »dem amerikanischen Volk dafür, ihm als Präsident und Oberbefehlshaber dienen zu dürfen«, und grüßte die US-Soldaten im Kriegseinsatz. Medienwirksame »Gnade« für einen Vogel, aber keine Gnade für die Menschen in Irak und Afghanistan.
Wenn Politiker an irgend etwas ganz fest glauben, dann sind es sicher weder Konservatismus, Liberalismus noch eine wie auch immer verstandene »Demokratie«. Sie glauben an nichts als ihre Macht.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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