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Kolumne 12.07.08: Die Verbrechen der Könige

12.07.08 (von maj) Herrscher der Vergangenheit erteilten sich selbst Absolution. Die heutigen halten es ebenso

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 161 - 12./13. Juli 2008

In der angelsächsischen Rechtsphilosophie gibt es seit alters her ein Sprichwort, das da lautet: »The king can do no wrong«. Es bedeutet, der König steht über dem Gesetz, das er selbst erläßt, und spiegelt die Macht der Könige seit William dem Eroberer wider, der ab 1066 als William I. England regierte.
In das nordamerikanische Recht fand dieser Grundsatz als die Doktrin von der Immunität des Souveräns Einzug. Sie schützt die Regierenden davor, von ihren Bürgern angezeigt und unter Anklage gestellt zu werden. Unabhängig davon ist es Praxis unter den staatstreuen Politikern, sich der Macht des Präsidenten zu beugen, egal was er (oder irgendwann vielleicht einmal sie) macht.
Es ist keine Frage, daß US-Präsident Richard Nixon Gesetze brach, wie im Zuge des Watergate-Skandals aufgedeckt wurde. Es ist genausowenig eine Frage, daß unter US-Präsident Ronald Reagan illegal gehandelt wurde, als seine Regierung die Contra-Söldner, die einen schmutzigen Krieg gegen die sozialistische Republik Nicaragua führten, finanziell und materiell unterstützte.
Als die Administration George W. Bushs die Telefone von US-Bürgern abhören ließ, geschah auch das unter Bruch der Gesetze, weil die dafür notwendigen richterlichen Anordnungen nicht eingeholt worden waren. Diese Beispiele könnten fortgesetzt werden. Was sie alle eint, ist die Tatsache, daß in keinem der bekanntgewordenen Fälle ein US-Präsident für sein kriminelles Handeln gerichtlich belangt wurde. Im Gegenteil: Als Richard Nixon 1974 zurücktrat, begnadigte ihn sein Vize und Nachfolger Gerald Ford nur vier Wochen später bedingungslos in bezug auf »alle Verstöße gegen die Vereinigten Staaten«, welche er, Richard Nixon, »begangen hat oder begangen haben mag«, ohne daß es je eine gerichtliche Untersuchung gegeben hätte.
Aus diesen Vorgängen ist die wichtige Lehre zu ziehen, daß gerade die Präsidenten, die sich gern öffentlich als die härtesten Gegner des Verbrechens darstellen, diese Härte nicht gegen sich gerichtet sehen wollen. Historiker haben zu Nixons Fall festgestellt, daß hochrangige Kongreßabgeordnete 1974 mit ihm persönlich den Plan entwickelten, wie ihm die Peinlichkeit des Amtsenthebungsverfahrens zu ersparen sei, indem er rechtzeitig vorher seinen Rücktritt einreicht.
Über zweihundertdreißig Jahre nach der amerikanischen Revolution, die sich den Kampf für Demokratie und Gleichheit vor dem Gesetz auf die Fahnen geschrieben hatte, gilt immer noch der absolutistische Leitsatz »The king can do no wrong« oder, mit den Worten Richard Nixons: »Wenn der Präsident es tut, dann ist es legal«.
Wenn George W. Bush in seinem Leben irgend etwas studiert hat, dann auf jeden Fall das Handeln Richard Nixons. Von Geheimgefängnissen bis zu legalisierter Folter, von der Überstellung Gefangener an ausländische Geheimdienste bis zu den illegalen Abhöraktionen im Inland, von ungerechten Kriegen bis zu zerstörerischen Besatzungsregimes – Verbrechen, die sowohl gegen US-Gesetze als auch gegen das Völkerrecht verstoßen, sind das unangetastete Vorrecht des amtierenden US-Präsidenten.
Der US-Kongreß hat sich bislang immer zum Werkzeug dieser Machenschaften degradieren lassen und notfalls den gesetzlichen Rahmen geschaffen, um Ungesetzliches im Nachhinein zu legalisieren. Die Kongreßabgeordneten haben dafür gesorgt, daß die Frage eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Bush wegen des ungesetzlichen Handelns seiner Regierung im Irak-Krieg wieder vom Tisch kam. Und gern haben sie nachträgliche Immunität erklärt für die Kriminellen in Amt und Würden, die dem Weißen Haus bei seinen Verbrechensorgien geholfen oder sie begünstigt haben.
Als das Weiße Haus die Konzerne der Telekommunikation dazu anhielt, heimlich die Kommunikation der US-Bürger zu überwachen, wußten alle Beteiligten, daß damit das Gesetz gebrochen wurde. Die Abgeordneten der Republikaner und Demokraten handelten prompt: Sie verabschiedeten ein Gesetz, das den Telefongesellschaften Immunität garantiert. Wenn ein mittelloser Telefonkunde damit auffliegt, daß er das Netz angezapft hat, um sich kostenlose Verbindungen zu erschleichen, dann wandert er dafür ins Gefängnis. Wer beim Anzapfen der Leitungen im großen Stil straffrei bleiben will, muß schon ein millionen- oder milliardenschwerer Konzern sein –oder US-Präsident.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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