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Kolumne 26.01.08: Etikettenschwindel in Kenia

26.01.08 (von maj) Karikatur der Demokratie: Wer für die USA die »Guten« sind und warum sie Wahlen fälschen dürfen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 22 - 26./27. Januar 2008

Während die Weltöffentlichkeit auf ein positives Ergebnis der Bemühungen Kofi Annans hofft, zwischen Regierung und Opposition in Kenia zu vermitteln, bleibt die bittere Tatsache, daß der kenianische Staatsapparat mit Gewalt gegen die Opponenten des Regimes von Mwai Kibaki vorgegangen ist. Gegen Demonstranten wurden nicht nur Tränengasgranaten eingesetzt, sondern es wurde auch scharf geschossen. Damit wurde der legitime Protest gegen eine manipulierte Präsidentenwahl zum Schwerverbrechen erklärt. Soviel zum Thema »Demokratie« in Kenia.
Seit Generationen haben die westlichen Eliten, also die vorgeblichen Verfechter der Menschenrechte und der Demokratie aus Europa und den USA, einigen offensichtlichen Karikaturen der »Demokratie« auf dem afrikanischen Kontinent ihren Segen erteilt. Äußerlichkeiten wie ein formales Mehrparteiensystem und die Zulassung von ausländischen Wahlbeobachtern wurden bereits als Ausdruck demokratischer Verhältnisse gutgeheißen. Weil die politischen Eliten des Westens und ihre Gefolgschaften traditionell selbst Nutznießer der grassierenden Ungleichheiten dieser postkolonialen Ordnungen sind, wollten sie in Wahrheit nicht zu genau hinsehen, um nicht wirklich zu erfahren, was hinter der Fassade dieser Staatssysteme vor sich geht.
Diese Quasi-Demokratien sind künstlich geschaffene Gebilde. Sie veranstalten Inszenierungen, die es den herrschenden einheimischen Eliten und ihren westlichen Gönnern erlauben, bei offiziellen Fototerminen Hände zu schütteln und einträchtig in die Kameras zu lächeln, während die Ausbeutung und Unterdrückung der Armen und die Ausplünderung ihrer Länder unvermindert weitergeht.
Kenia wird als das »Juwel Ostafrikas« gepriesen, weil sein großer Reichtum an landwirtschaftlichen Produkten und seine Mineralrohstoffe weiterhin ungehindert den Metropolengesellschaften zufließen, die im Weltmaßstab traditionell die Endverbraucher dieser Reichtümer sind.
In den USA ist »Demokratie« im politischen Geschäft zu einer billigen Ware geworden, die ständig an Wert verliert. In Pakistan, Kenia und anderen Teilen der Welt, die wir gern als die »Dritte Welt« bezeichnen, wird der Demokratie jedoch immer größerer Wert beigemessen, und sie wird für mehr und mehr Menschen zu einem erstrebenswerten Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt. Sie gehen dafür auf die Straße und riskieren, von den uniformierten Schutztruppen der im Grunde diktatorischen Ordnungen verprügelt und erschossen zu werden.
In den USA wird vertuscht, daß es gestohlene Wahlen gibt, und der Macht ergebene Kriecher in den Roben höchster Gerichte erklären weihevoll, daß »der Kaiser unfehlbar ist«. Die repräsentative Demokratie stirbt am selbstverordneten Schweigen. Da überrascht es nicht, daß es die US-Regierung George W. Bushs war, die dem alten und neuen kenianischen Präsidenten Mwai Kibaki als erste ihre Glückwünsche für die erfolgreich hingebogene Wahl übermittelte. Gleich und gleich gesellt sich gern. Auch wenn die spontane Anerkennung des Wahlergebnisses später relativiert wurde, hat sie doch den herrschenden Eliten in Kenia signalisiert, daß die USA nur wegen einer gestohlenen Wahl noch lange keine Probleme machen (solange gewährleistet ist, daß die Wahlfälscher die »Guten« sind, die ihr Land weiter dem Westen öffnen).
Wenn man den aktuellen Zahlen trauen kann, dann sind seit der Wahl etwa eintausend Kenianer bei den Straßenkämpfen umgekommen, allein hundert davon fielen Polizeikugeln zum Opfer. In Kenia wie in Rawalpindi oder in Karatschi zahlen die Menschen einen hohen Blutzoll für ihr Streben nach Demokratie, und die USA müssen sich fragen lassen, wo ihre Regierung steht: auf der Seite der Vorkämpfer der Demokratie oder auf der Seite der Diktatoren? Auf der Seite des Volkes oder auf der Seite der Wahlbetrüger?
Demokratie darf kein Schlagwort zur Rechtfertigung eines Krieges für Macht und Profit oder eines sonstigen imperialen Vorhabens sein. Demokratie erfordert mehr als das Aufstellen von ein paar Wahlurnen. Es geht entweder um wirkliche Demokratie oder eben nicht.
In dieser historischen Stunde erleben wir einen Widerhall der vergangenen Zeiten des Kalten Krieges, als die USA einigen der blutrünstigsten Diktatoren dieser Welt beim Kampf gegen deren eigene Bevölkerung zur Seite standen. Mittlerweile sind Generationen vergangen, und nur die Etiketten wurden ausgetauscht. Generäle, Männer fürs Grobe, Prinzen und Tyrannen sind nach wie vor die besten »Verbündeten« der USA.
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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