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Kolumne 1.12.07: Die magische Geldmaschine

01.12.07 (von maj) »Modern TV«: Über Hohetempel der Heilsindustrie, die Ware Fernsehen und darüber, wie große Teile der Bevölkerung über gezielten Informationsentzug unwissend gemacht werden

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 279 - 1./2.12.2007

Das Fernsehen ist in den USA zu einer Einrichtung geworden, die sich mehr und mehr zum schnellen Gelddrucken eignet. Jede nur mögliche Sendeminute wird für kommerziellen Schund genutzt, wobei die Ansprüche auf den allerkleinsten gemeinsamen Nenner heruntergeschraubt werden. Es geht nur noch um schockierende Sensationen und ständigen Nervenkitzel. Das Informationsmedium bleibt dabei auf der Strecke.
Angeblich gehören die Ätherwellen allen, tatsächlich aber liefert uns diese Maschinerie keine informativen Programme, sondern präsentiert uns eine Welt, in der alles vom Geld beherrscht wird. Von den Kinderprogrammen bis zu den Abendnachrichten zählt nur das Klimpern in der Kasse. Zu welcher Metapher wir auch greifen – das Fernsehen ist für seine Macher und die Eigentümer der Sender eine Geldmaschine, für die Zuschauer ist es eine Maschine zur ständigen Senkung des geistigen Niveaus.
Als das Kabelfernsehen vor etwa einer Generation erfunden wurde, ging damit das Versprechen einher, es werde dort endlich Programme ohne Werbeunterbrechungen geben. Dementgegen ist dieses Medium mittlerweile übersättigt mit kommerziellen Programmen. Tag für Tag, Nacht für Nacht laufen dort Sendungen von einer halben oder ganzen Stunde Dauer, in denen Information und Werbung miteinander verquickt sind. Wenn es nicht direkt um Produktverkäufe geht, dann bieten religiöse Sender ihre Heilsbotschaften feil und machen unfreiwillig nachvollziehbar, warum Jesus die Händler und Geldverleiher aus den Tempeln geprügelt hat. Das Kabelfernsehen ist heute zum Hohetempel der Heilsindustrie geworden.
Auch das kommerzielle Radio ist dieser Geschäftemacherei nicht entkommen. Unter den alten Regularien der Federal Communications Commission (FCC), einem selbständigen staatlichen Kontrollorgan für Rundfunk und Fernsehen, war jeder Radiosender verpflichtet, Nachrichten und Programme über »öffentliche Angelegenheiten« zu gestalten. Aber unter dem Vorwand der Deregulierung wurden viele dieser Bestimmungen wieder abgeschafft. Sender mit regelmäßigen Nachrichtensendungen sind folglich rar geworden. Wundert es da noch, daß unglaublich viele Menschen kümmerlich wenig wissen – und das in so risikoreichen Zeiten und angesichts schrecklicher Kriege? Nachrichten sind zu einer Ware verkommen, die an den Meistbietenden verschachert werden.
Hal Boedeker, Medienkritiker der 1876 in Orlando, Florida, gegründeten Tageszeitung Orlando Sentinel, hat vor ein paar Jahren seine Leser aufgefordert, ihm ihre Meinung über die lokalen Fernsehnachrichten mitzuteilen. Tausende überfluteten ihn mit ihren Briefen, in denen sie ihre Fernsehsender einer vernichtenden Kritik unterzogen. Boedeker faßte die Hauptkritikpunkte in einem Artikel zusammen: »Die Leute sind sehr verärgert über die lokalen Nachrichtensendungen der Fernsehsender. Sie haben es satt, auf den Arm genommen zu werden. Sie haben das Gefühl, daß ihnen ihre kostbare Zeit gestohlen wird. Sie wollen keine Moderatoren mehr sehen, die einfach nett in die Kameras lächeln. Und sie sind der ständigen Wiederholungen überdrüssig.«
Andere Quellen beschreiben ähnliche Symptome. Insite Media Research, das Forschungsinstitut der Fernseh- und Rundfunkindustrie, fand heraus, daß 25 Prozent der erwachsenen Fernsehzuschauer gar keine Nachrichten mehr einschalten. Das gemeinnützige NewsLab veröffentlichte ähnliche Forschungsergebnisse, in denen eine starke Entfremdung vieler Rundfunk- und Fernsehkonsumenten konstatiert wurde. Die Menschen verabschieden sich mehr und mehr von den lokalen, aber auch von den überregionalen Nachrichtensendungen. Ganz zu schweigen von den jungen Zuschauern! Schwarze Radiosender, einst Produkt der Bürgerrechtsbewegung, gehören zu einer aussterbenden Spezies. Die wenigen, die noch übriggeblieben sind, senden kaum noch Nachrichten. Ein unglaublicher Vorgang, denn: Welcher Teil der US-Bevölkerung könnte am allerwenigsten auf politische Informationen verzichten?!
Nachdem der größte Sender, der je von Schwarzen betrieben wurde – Black Entertainment Television (BET-TV), das schließlich über einen Etat von 62,4 Millionen Dollar verfügte – an den Medienmulti Viacom verkauft worden war, wurden die Nachrichtenprogramme fast völlig gestrichen. Es blieben nur gelegentliche zweiminütige News-Clips übrig, die untergehen in Werbespots für neue Rap-Alben oder Hinweisen auf nachfolgende Programme.
Gerade in dieser Zeit wäre eine gegenläufige Tendenz dringend notwendig. Während die Bush-Regierung einen Krieg führt, der nur auf der Basis von Falschinformationen vom Zaun gebrochen werden konnte, würden gerade mehr und fundiertere Informationen gebraucht über diese Welt, die in Flammen steht.
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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