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USA: Todesstrafe in Frage gestellt

18.12.06 (von jW) Nach qualvoller Exekution eines Häftlings in Florida Hinrichtungen bis auf weiteres ausgesetzt

junge Welt vom 18. Dezember 2006

Der 55jährige Angel Diaz starb am vergangenen Mittwoch im Todestrakt von Starke im US-Bundesstaat Florida äußerst qualvoll, woraufhin Gouverneur Jeb Bush am Freitag für die nächsten Monate alle Hinrichtungen aussetzte. Der 1986 wegen Mordes zum Tode verurteilte Diaz, der bis zuletzt seine Unschuld beteuert hatte, war durch eine Giftspritze hingerichtet worden. Erst 34 Minuten nach Injektion des Giftcocktails hörte sein Herz auf zu schlagen. Üblicherweise verlieren Todeskandidaten nach Aktivierung der Injektionen innerhalb weniger Minuten das Bewußtsein, der Tod tritt nach etwa einer Viertelstunde ein. Bei dieser Prozedur werden drei Stoffe injiziert: ein Schmerzmittel, ein Mittel zur Muskellähmung und ein Mittel, das zum Herzstillstand führt. Diaz bewegte sich aber nach 24 Minuten noch, atmete und versuchte zu sprechen. Diaz starb erst nach
Verabreichung einer zweiten Dosis, was nach Angaben des zuständigen Leichenbeschauers William Hamilton sehr ungewöhnlich sei.
Dem vorläufigen Autopsiebericht zufolge waren die beiden Nadeln zu tief in Diaz’ Arme gestochen worden. Dadurch seien die Giftstoffe nicht in die Venen, sondern in das umliegende Gewebe injiziert worden. Diaz’ Anwalt Neal Dupree erklärte nach der Hinrichtung, der Körper seines Mandanten habe sich nach 26 Minuten zu schütteln begonnen. »Es sah so aus, als ob Mr. Diaz große Qualen durchstehen würde. Er rang elf Minuten nach Luft.« Mark Elliott von der Organisation »Alternativen zur Todesstrafe« in Florida kommentierte diesen Vorgang, kein Haustier in Florida dürfe per Gesetz so eingeschläfert werden.
Gouverneur Jeb Bush erklärte die Aussetzungen aller Hinrichtungen in Florida damit, es drohe sonst »die Verletzung der Verfassungsrechte«. Eine Untersuchungskommission soll nun bis März 2007 prüfen, ob Hinrichtungen mit Giftspritzen generell verfassungsgemäß sind.
Diese Frage steht auch in den US-Bundesstaaten Delaware, Arkansas, South Dakota, New Jersey und Missouri im Mittelpunkt juristischer Einsprüche, wodurch die Todeskammern dort vorerst leer bleiben. Auch in Kalifornien setzte am Freitag ein Bundesrichter alle Hinrichtungen vorläufig aus, weil Todesspritzen möglicherweise verfassungswidrig seien. Nach einer eingehenden Prüfung der Hinrichtungsmethode in Kalifornien anläßlich der Klage von Michael Morales, dessen Hinrichtung im Februar im letzten Moment ausgesetzt worden war, kam Bundesrichter Fogel in seinem am Freitag gefällten Urteil zu dem Schluß, daß das gegenwärtige Hinrichtungsprotokoll ein Vertoß gegen den 8. Zusatzartikel der US-Verfassung darstellt.
Todesstrafengegner in den USA gehen davon aus, daß mit der nun verschärften Verfassungsdebatte die Praxis der Todesstrafe grundsätzlich in Frage gestellt sei und kündigten verstärkte öffentliche Aktivitäten an. Sie erinnerten auch an den vor einem Jahr am 13. Dezember hingerichteten Stanley »Tookie« Williams, der im kalifornischen Todestrakt von San Quentin ebenfalls erst nach 40minütigem Todeskampf offiziell für tot erklärt werden konnte.
Jürgen Heiser

 
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