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Kolumne 8.11.03: Die schlimmste Regierung aller Zeiten

08.11.03 (von maj) Wie ein US-Wirtschaftswissenschaftler die Regierung unter George W. Bush beurteilt

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 260, 8./9. November 2003

Die amerikanischen Eliten sind darum bemüht, sich mit der jeweiligen Partei, die in Washington regiert, gut zu stellen. Man bekommt oft zu hören, es sei im »nationalen Interesse«, wenigstens »dem Office Respekt zu zollen«, wenn schon nicht dem Mann, der das Amt innehat. Und um jeden Preis »konstruktiv zu sein«, wenn man es wagt, Kritik zu üben. Das wird als »professionelles« Verhalten angesehen, und es ist sicher kein Zufall, daß diese Art »Professionalität« einem das berufliche Fortkommen oder gar die persönliche Zukunft sichert.
Deshalb war es erstaunlich, kürzlich von der offenen Kritik zu lesen, die George A. Akerlof, Wirtschaftswissenschaftler an der University of California und Nobelpreisträger des Jahres 2001, übte. Der in Berkeley ansässige Wissenschaftler gab in einem Interview die folgende Einschätzung der Präsidentschaft von George W. Bush von sich:
»Meiner Meinung nach ist die gegenwärtige die schlimmste Regierung, die die USA in ihrer mehr als 200-jährigen Geschichte je hatten. Sie hat nicht nur in Fragen der Außen- und Wirtschsftspolitik, sondern auch in ihrer Sozial- und Umweltpolitik ungeheuer unverantwortliche Entscheidungen getroffen. Hier kann man nicht mehr von normaler Regierungspolitik sprechen. Deshalb ist jetzt die Zeit für zivilen Ungehorsam gekommen.«
(Im Magazin »dollars and sense«, Sept.-Okt. 2003)
Das ist natürlich nicht gerade eine typische Äußerung für einen Ökonomen und Nobelpreisträger. Seine Aussage ist in hohem Maße ungewöhnlich, weil seine Botschaft ist: jetzt ist Potest angesagt. Als er gefragt wurde, welcher Art dieser Protest sein sollte, antwortete er: »Ich weiß es noch nicht. Aber ich denke, in jedem Fall ist jetzt die Zeit dazu gekommen - und er muß so stark wie möglich sein.«
Millionen Menschen in den USA haben das im Frühjahr getan, viele vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben, als sie versuchten, die Regierung zum Einlenken zu bewegen und sich nicht in das drohende Irak-Abenteuer zu stürzen. Aber die Protestierenden fanden kein Gehör. Wie der hartherzige Herodes gelobte die Bush-Administration »shock and awe«, um den irakischen Staat zu unterwerfen, und überzog ohne jede Vorwarnung das erste Mal seit Jahren wieder eine Großstadt mit einem Bombenhagel. Tagelang wurden Bagdad und andere irakische Städte bombardiert, und jeder Angriff war stärker als der davor. Das eigenmächtige Handeln der USA war ein Schlag ins Gesicht der Vereinten Nationen, und die US-Regierung setzte willfährige Medien dazu ein, damit zu drohen, sie werde das Gesicht des Mittleren Ostens völlig verändern.
Bomben sind explodiert, Armeen wurden zerschlagen. Eine von den USA ausgewählte Satrapenriege handverlesener Marionetten ist eingesetzt und mit Titeln versehen worden, die den Anschein erwecken, als hätten sie wirkliche Macht. Aber dieser sogenannte ›Irakische Regierungsrat‹ hat weniger Macht als ein Bürgermeisteramt im kleinsten Kaff der USA. Macht, gestützt durch die tödliche Bedrohung durch das US-Militär, hat nur der Oberkommandierende der Zivilverwaltung, Paul Bremer. Er bestimmt, was geht und was nicht geht im angeblich so ›freien Irak‹. Die USA, die mit ihren Springerstiefeln irakischen Boden betraten, um angeblich ›die Demokratie zu bringen‹, sind nicht besonders gewillt, den Irakis zu erlauben, sich selbst zu regieren.
Die USA werden weltweit gehaßt und gefürchtet. In den Ratsversammlungen der Vereinten Nationen sieht man sie als Elefanten: groß, mächtig, gefährlich und unberechenbar. Wenn die USA von »Freiheit, Demokratie und Menschenrechten« sprechen, dann müssen sich viele Diplomaten ein Grinsen verkneifen, weil sie befürchten müssen, den Elefanten damit zu reizen. Denn wer weiß, er könnte ja schon bald einen neuen Krieg gegen wen auch immer erklären.
Wenn es bei Meinungsumfragen in Europa darum geht, welches Land die größte Bedrohung für den Weltfrieden darstellt, dann ist die Nummer eins klar: die USA. George W. Bush bedroht und verhöhnt mittlerweile andere Länder schon dann, wenn sie angeblich seine Vorstellungen von der »Stabilität der Welt« stören. Das ist so, als wenn der Elefant das Gras dafür bedroht, daß es von ihm niedergetrampelt wird.
Die schlimmste Regierung in der Geschichte der USA? Ich frage mich, was Historiker dazu sagen würden. Sie haben vielleicht einen besseren Blick darauf als Ökonomen. Wenn dieses Land jetzt aber einen »Aufschwung ohne Jobs« durchläuft mit drei Millionen Menschen, die seit März 2003 ihre Arbeit verloren haben, mit über 34 Millionen Menschen, die unter dem Existenzminimum, also in gräßlicher Armut leben, mit einem Krieg, der Milliarden von Dollars verschluckt, während die Wirtschaft krankt, mit einer Furcht, die das Herz der amerikanischen Gesellschaft ergreift wie ein hungriger Löwe, der eine Antilope reißt, mit über zwei Millionen Männern, Frauen und Jugendlichen in US-Gefängnissen, dann sind das sicher nicht die besten Zeiten.
Die Zeit ist reif für eine grundlegende Veränderung. Wer dem zustimmen kann, sollte sich dem Protest anschließen!

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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