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Kolumne 3.05.03: Die Frauen dieser Welt

05.05.03 (von maj) Revolutionäre Fortschritte, die Frauen erkämpft haben, werden ausgeblendet aus der offiziellen Geschichtsschreibung.

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 102, 3./4. Mai 2003

Wenn in den US-Medien darüber berichtet wird, welche Fortschritte Frauen bereits erreicht haben, dann geschieht das in der Regel nur aus Anlaß des Internationalen Frauentags 8. März. Unabhängig davon zeichnet diese Meldungen grundsätzlich aus, daß darin nicht erwähnt wird, welche Frauen ganz konkret die revolutionären Kämpfe für die Rechte der Frauen und anderer geführt und den patriarchalen Status quo in Frage gestellt haben. Auch im Black History Month - in jedem Februar zum Gedenken an Malcolm X, der am 21. Februar 1965 ermordet wurde - bezieht man sich nur auf die Frauen, die man auf der sicheren Seite wähnt, will heißen: die für Männer akzeptabel sind, weil sie das »in einem Boot sitzen« nicht in Frage gestellt haben oder wenn sie es taten, dann auf eine »männerfreundliche« Art.
Auf diese Frauen will ich mich hier nicht beziehen, über sie wird oft genug berichtet. Es sollen jetzt die Frauen zur Sprache kommen, die sonst ignoriert werden oder die man sogar fürchtet und die von den bürgerlichen Medien geächtet werden. Frauen wie die ungezählten Namenlosen, die laut Statistiken der UN-Frauenkonferenz von 1980 rund zweidrittel bzw. dreiviertel der Arbeit auf der Welt leisten und 45 Prozent der Weltnahrungsmittel produzieren. Sie verrichten diese Arbeiten unter unsäglichen Widrigkeiten und halten Körper und Seele zusammen, um Milliarden von Kindern aufzuziehen. Sie sind die wahren Heldinnen.
Reden wir über Frauen wie Tarika Lewis. Sie war die erste Frau, die sich als einfaches Mitglied in der Black Panther Party organisiert hat und damit den Weg bereitete für Tausende andere, die ihrem Beispiel folgten. Auch wenn ihr Name kaum jemand bekannt ist, sollte ihr mutiger Beitrag zum Kampf gegen die rassistische Repression der 60er und 70er Jahre in der Geschichtsschreibung herausgestellt werden.
Tarikas Kampf geht wie bei den Millionen anderer Frauen auf die Tradition der Kriegerinnen der westafrikanischen Küste zurück. Auch wenn es gegenteilige Behauptungen gibt, so hat doch der Ex-Sklave, Seemann und Schriftsteller Olaudah Equiano im 18. Jahrhundert in seinen Erzählungen über seine Volksgruppe unmißverständlich festgehalten: »Alle wurden im Gebrauch der Waffen unterrichtet, auch unsere Kriegerinnen, die voller Stolz gemeinsam mit den Männern hinaus in den Kampf zogen«. (aus: »The Life of Olaudah Equiano, or Gustavus Vassa, the African«; orig. von 1789, S. 16) Equiano erinnert sich daran, daß er einmal als kleines Kind zu seinem Schutz auf einen Baum gesetzt wurde, von wo aus er beobachten konnte, wie sich seine Mutter mit einem Breitschwert ins Kampfgetümmel stürzte.
Es soll hier nicht suggeriert werden, daß die mutigen Kriegerinnen in unserer Geschichte eine Ausnahmeerscheinung waren oder daß sie nur in verstaubten Büchern vorkommen. Sie werden einfach verschwiegen. So ist auch allen der Name des legendären Black Panthers Fred Hampton bekannt, der 1970 von der Polizei im Bett erschossen wurde, aber kaum jemand hörte je von seiner jungen Frau Akua, die neben ihm lag, auch fast getötet wurde und bis heute den Kampf weiterführt. Während man sich an Fred Hampton erinnert und auch an den ebenfalls ermordeten Mark Clark, weiß kaum jemand, daß auch zwei Frauen der Black Panthers in dieser Nacht schwer verletzt wurden: Verlina Brewer und Brenda Harris wurden beide von je zwei Kugeln der Todesschwadron der Polizei und des FBI getroffen und lebensgefährlich verletzt. Aber beide überlebten und setzten den Kampf der Panthers mutig fort.
Es gab nicht einen Kampf in der afroamerikanischen, kontinentalen amerikanischen oder Weltgeschichte, an dem nicht Frauen beteiligt waren oder in angeführt haben. Frauen kämpften im Herzen der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei, der Bürgerrechtsbewegung, des Black Liberation Movement oder der Antikriegsbewegungen. Daß diese Tatsache nicht überall bekannt ist, hängt damit zusammen, daß sie in den Analen der Geschichte nicht erwähnt werden.
Vergessen wir nicht Ruby Robinson (1942-67), die feurige Militante des Student Nonviolant Coordinating Committee (SNCC), Claudia Jones (1915-64), die in Trinidad geborene radikale Journalistin, Kommunistin und Leiterin der Free-Mandela-Kampagne in London, Lolita Lebron, die für die Unabhängigkeit Puerto Ricos von den USA kämpft, Petrona Chacon, eine der Anfüherinnen der Sklavenrevolte von 1840 in Kuba, Ernestina »Titina« Sila (1943-73), afrikanische Revolutionärin, die für die African Party for Independence of Guinea and Cape Verde (PAIGC) kämpfte, Septima P. Clark (1898-1987), die »Freiheits-Schulen« im rassistischen Süden der USA aufbaute und für die Southern Christian Leadership Conference (SCLC) arbeitete, Cherry Turner, Frau von Nat Turner und Mitorganisatorin des Sklavenaufstandes von 1831, der die Südstaaten der USA ins Mark traf, Ella Baker (1903-86), Gründerin des SNCC und der Mississippi Freedom Democratic Party, die auch im Puerto Rican Solidarity Committee mitarbeitete. Sie wurde von allen voller Zuneigung »Fundi« genannt, was in Suaheli »Lehrerin« heißt. Und vergessen wir nicht Assata Shakur, die bei ihrer Verhaftung 1973 fast getötet wurde, aber 1979 aus dem Hochsicherheitsknast befreit wurde und geschützt in Kuba lebt.
In dieser Liste konnten nur wenige genannt werden, aber wir sollten sie, die stellvertretend für unzählige andere stehen, nicht vergessen. Sie sind unbekannt, ausgeblendet aus der offiziellen Geschichtsschreibung. Wir aber tragen das Gedenken an sie in unseren Herzen, erinnern uns an ihre Stärke, ihren Mut und ihren unbändigen Freiheitswillen, Inspiration für uns alle bis heute und in Zukunft.

Übersetzung: Jürgen Heiser

Zum Thema: Ab 3. Mai wird der Film »Die Augen des Regenbogens« über die im kubanischen Exil lebende afroamerikanische Freiheitskämpferin Assata Shakur in Deutschland gezeigt. Die afrokubanische Filmregisseurin Gloria Rolando stellt den Film auf 21 Veranstaltungen vor.
Info und Kontakt: www.assata.freedom-now.de

 
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