Freedom Now Online Bulletin HomeFreedom Now! - Bulletin[News]TermineInfoProfil
 

Kolumne 31.05.03: Polizeigewalt gegen Antikriegsproteste

02.06.03 (von maj) Die US-Regierung versucht, die wachsende Antikriegsbewegung mit polizeilichen Mitteln einzudämmen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 126, 31. Mai/1. Juni 2003

Schwarzuniformierte Polizisten, bewehrt mit Helmen und in Kampfstiefeln, legen ihre Gewehre an und feuern in eine friedliche Demonstration. Menschen, die unbeteiligt am Straßenrand stehen, und Leute, die erschreckt vor den auf sie gerichteten Gewehrläufen und explodierenden Blendgranaten davonlaufen wollen, werden von Holzgeschossen und anderen »Defensiv-Projektilen« getroffen. Die Holzgeschosse sehen aus wie Zwirnrollen, und ihre flachen Enden verursachen bei zahlreichen Getroffenen große Schwellungen und Blessuren. Eine junge Frau wird am rechten Unterkiefer getroffen, der auf die Größe eines Baseballs anschwillt, ihr Hals läuft rot an, ansonsten ist sie bleich und steht unter Schock.
Diese Szene stammt nicht aus den Zeiten der Straßenkämpfe in Belfast, auch beschreibt sie keine Vorgänge des Aufruhrs, wie sie regelmäßig aus Südkorea berichtet werden. Dies alles geschah im kalifornischen Oakland im April 2003 unter Bürgermeister Jerry Brown, dem früheren Gouverneur des Bundesstaates, der während der Wahlen als »Progressiver« verkauft wurde. Die Menschen, auf die man geschossen hatte, die verletzt, eingekesselt und festgenommen worden waren, waren entweder passive Zuschauer oder Demonstrierende, die sich an den Docks von Oakland versammelt hatten, um gegen den Irak-Krieg zu protestieren. Die Polizei hat sich mit einem Haß auf sie gestürzt, der viele in Erstaunen versetzt hat. Jack Heyman, Geschäftsführer der Internationalen Hafenarbeitergewerkschaft ILWU, hatte es gewagt, Polizisten wegen der gewaltsamen Angriffe auf seine Kollegen zur Rede zu stellen und fand sich plötzlich im Polizeigewahrsam wieder, wo er wie 28 weitere Festgenommene neunzehn Stunden lang festgehalten wurde. Er hatte wie alle anderen auch nichts anderes getan als sein verfassungsmäßig garantiertes Recht der freien Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit zu praktizieren.
Worum genau ging es? Sie hatten versucht, die Arbeit der APL, also der früheren »American President Lines« zu behindern, der Schiffahrtslinie also, die jährlich Abermillionen an Steuergeldern dafür verschlingt, Material für das in aller Welt agierende US-Militär über die Meere zu transportieren. Dabei sind private Geschäftsinteressen im Spiel, und deshalb haben diejenigen, die sich durch ihren Amtseid dazu verpflichtet haben, der Bevölkerung »zu dienen und sie zu schützen« gegen sie losgeschlagen und Knochenbrüche, Gehörverlust, Platz- und Schürfwunden verursacht. Ihren Eid leisten die Polizisten zwar auf die Bevölkerung, aber sie werden dafür bezahlt, die Besitzenden zu schützen. In Konflikten zwischen Kapital und Arbeit war es nie anders.
Am Demonstrationsmarsch, der vom Rathaus in Oakland ausgegangen war, hatten sich auch Prominente wie der geschätzte Sänger und Schauspieler Harry Belafonte, Filmstar Danny Glover, die Kongreßabgeordnete Barbara Lee und verschiedene Kulturschaffende der Bay Area von San Francisco wie D'Wayne Wiggins und Boots of the Coup beteiligt. Sogar die Vize-Bürgermeisterin von Oakland, Nancy Nadel, war erschienen. Doch die Polizei erhält ihre Befehle nicht von der Politik, sondern vom Kapital.
Mit dieser wie mit anderen unprovozierten Attacken durch die bewaffneten Kräfte des Staates sollte versucht werden, die sich entwickelnde Antikriegsbewegung einzudämmen und die Geschäfte, an denen US-Konzerne in diesem Krieg verdienen, zu sichern. Die antiimperialistische Gesinnung, die sich im Land ausbreitet, soll zum Schweigen gebracht werden. Deshalb gehörten zu den Verletzten und Festgenommenen unterschiedslos Gewerkschafterinnen, Studierende, Hafenarbeiter und alle, die sich sonst noch an den gemeinsamen Protestaktionen beteiligt haben.
Formal mag der Irak-Krieg beendet sein, aber das Imperium führt weiter Krieg und deshalb müssen wir unsere Gegenwehr fortsetzen. Millionen Menschen in den USA haben niemals ihre Stimme für den Ausbau des von den USA dominierten Imperiums im Mittleren Osten gegeben und wollen das auch im Nachhinein nicht gutheißen. Sie wissen, daß das kein Beitrag zu ihrer eigenen Sicherheit wäre, sondern vielmehr ihr Leben und die Zukunft ihrer Kinder auf fatale Weise unsicher macht. Das ist der Grund, warum die Proteste so wichtig sind, und das ist auch der Grund, warum der Staat sie niederhalten will.
Es ist an der Zeit, daß alle, die ihre vermeintlichen Verfassungsrechte der freien Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit wahrnehmen wollen, diese auch dazu nutzen, Öffentlichkeit über das brutale Vorgehen der Polizei herzustellen und es energisch zurückzuweisen. Es sollte dazu aufgerufen werden, daß alle Anklagen gegen die an den Protesten im Hafen von Oakland Beteiligten fallengelassen werden. Die Polizisten müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Der ILWU-Sprecher Kevin Willis nannte die Polizeiübergriffe eine »ungerechtfertigte Überreaktion« und klagte an: »Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten hat die Polizei von Oakland gewaltsam auf Antikriegsproteste reagiert. Beim ersten Mal«, so Willis weiter, »ging sie auf dieselbe Weise gegen Schülerinnen und Schüler vor.« (San Francisco Bay View, 9.4.03)
Wer mit all dem nicht einverstanden ist, sollte sich im Rathaus von Oakland beschweren: Weg mit allen Anklagen!

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
Freedom Now! [Logo]
Nächste Termine
Keine Termine bekannt.

 Alle Termine   Neuer Termin
Login
Email:
Passwort:  
Copyleft 2002 by freedom-now.de | some rights reserved | Website copyleft mumia.de | Impressum / Imprint