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Kolumne 1.108 vom 6. November 2023: »Krieg gegen die Flöhe«

06.11.23 (von maj) Der Kampf des palästinensischen Volkes ist mit dem indigener Völker in Nordamerika zu vergleichen. Der aktuelle Konflikt ist daher kein Krieg der Hamas gegen Israel, die Situation ist komplexer / Die Originalüberschrift »War Against the Fleas« erklärt sich nicht aus dem Text, sie bekommt erst auf Nachfrage Sinn und wird am Ende erklärt

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 258 vom 6. November 2023: Bitte HIER klicken!

»Krieg gegen die Flöhe«
Ein hochangesehener Staatsmann Israels, der ehemalige Diplomat Abba Eban, sagte einmal: »Niemand erweist Israel einen Dienst, indem er sein Existenzrecht proklamiert.« Das war im Jahr 1981. Jetzt ist ein neues Zeitalter angebrochen, eine neue Ära, eine Zeit, in der Israel auf seinen äußerst rechten Flügel umgeschwenkt ist. Erneut ist es eine Zeit des Krieges, aber zu sagen, es sei ein Krieg der Hamas gegen Israel, wäre ziemlich unredlich. Denn zwischen Palästina und Israel herrscht seit mindestens 75 Jahren Krieg, und dies ist kein Krieg um Religion oder zwischen Glaubensrichtungen oder Göttern. Es ist ein Krieg um das, was nicht mehr neu geschaffen werden kann: Land.

Ein großes Lob gilt Marc Lamont Hill und Mitchell Plitnick, den Autoren des Buches »Except for Palestine: The Limits of Progressive Politics«. Sie belegen, dass für die Palästinenser stets die Ausnahme von allen Regeln galt, während den Zionisten jede Chance geboten wurde. In ihrer Analyse fokussieren sie sich auf die Entstehung der rechtsgerichteten Likud-Partei und die von Zeev Jabotinsky entwickelten zionistischen Ideen. Demnach führten diese zum jetzigen Moment in der israelischen Geschichte des Krieges und der »eisernen Mauern«. Das Buch zeigt weiter, wie die Außenpolitik der USA von der Innenpolitik bestimmt wurde und wie die beiden großen Parteien überparteilich und heimlich darauf hinarbeiteten, aus Israel eine regionale Supermacht im Nahen Osten zu machen. Auch wenn die Hamas in ihrem Kampf ein paar technologisch simple Gleitschirme einsetzte, hat irgend jemand je gesehen, wie sie Angriffe mit F-14-Kampfjets flogen? Ich glaube nicht.

Die meisten US-Presseagenturen sprechen nur ungern über das Völkerrecht, insbesondere die völkerrechtliche Bewertung der besetzten Gebiete und des Rechts der Besetzten, sich »mit allen notwendigen Mitteln« zur Wehr zu setzen. Die Palästinenser sind das indigene Volk der Region. Sie entsprechen damit den Völkern der Navajo, Apachen und Seminolen Nordamerikas und sind dem Siedlerkolonialismus der Eindringlinge unterworfen. Es sind die Palästinenser, die ein Existenzrecht haben. Oder etwa nicht?

Die indigenen Völker wurden von den Regierungen der USA in die schlimmsten verfügbaren Gebiete, die sogenannten Reservate, abgeschoben. Die Palästinenser wurden ghettoisiert, durch völkerrechtswidrige Mauern abgeschottet, gedemütigt und seit der Nakba der Enteignung ihres Landes und ihrer Ressourcen und der militärischen Unterdrückung unterworfen. Ihre jahrzehntelangen Verhandlungen haben zu nichts anderem geführt als zu immer mehr vom gleichen Elend. Dabei wollen sie nur das, was alle Menschen wollen: Freiheit.
Übersetzung: Jürgen Heiser

Die Originalüberschrift »War Against the Fleas« erklärt sich nicht aus dem Text, sie bekommt erst auf Nachfrage Sinn. 2002 erschien in den USA das Reprint eines 1965 von US-Autor Robert Taber veröffentlichten Buches. Titel: »War of the Flea. The Classic Study of Guerilla Warfare«. Taber, der 1961 als US-Journalist auf der Seite der Kubanischen Revolution gegen die Söldnerinvasion in der Schweinebucht kämpfte, untersucht darin die Befreiungskämpfe von China, Indonesien, Indochina über Kuba bis Palästina. Die antikoloniale Guerilla kämpfe den »Krieg des Flohs« gegen den Hund, so Tabers Metapher. Die Kolonialmacht habe zuviel »Fell« zu verteidigen »gegen einen sehr kleinen, allgegenwärtigen und wendigen Feind« und keine Chance, »ihn wirklich in den Griff zu bekommen«. Dagegen folgt die Netanjahu-Regierung derzeit konsequent den Lehren Jabotinskys, der bereits 1923 in seinem Essay »The Iron Wall (We and the Arabs)« eine »Eiserne Mauer« forderte, die zwischen Arabern und Juden errichtet werden müsse. Seiner Forderung, »die zionistische Kolonisierung« müsse »entweder aufhören oder ohne Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung vorangehen«, folgt nach Einschätzung der hier derzeit nicht zu Wort kommenden kritischen Intellektuellen Israels unvermindert die aktuelle israelische Politik. (jh)

 
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