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Kolumne 1.088 vom 21.11.2022: Weder rot noch blau

21.11.22 (von maj) Die massenhafte Unzufriedenheit der Frauen veränderte das Ergebnis der US-Zwischenwahlen mit einer »lila Flut«

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 271 vom 21. November 2022: Bitte HIER klicken!

Weder rot noch blau
Das endgültige Ergebnis der US-Zwischenwahlen steht derzeit immer noch nicht für alle Wahlbezirke fest. Aber soviel ist klar: Eine große politische Partei – nennen wir sie die Trump-Partei – hat sich massiv verkalkuliert. Analog zur Symbolfarbe ihrer Partei drohten Führung und Wahlkämpfer der Republikaner den Demokraten mit einer »machtvollen roten Welle«, wenn nicht gar mit »einem Tsunami«.

Doch was dann geschah, war am Ende weder rot noch wirklich blau (die Farbe der Demokraten). Im Ergebnis der Stimmabgaben war die vorherrschende Farbe Lila, denn die Wahlen erbrachten den Beweis für eine weitgehend stille Präsenz in der US-amerikanischen Politik, nämlich die der Frauen. Es gab keine Umfragen, die ihre massenhafte Unzufriedenheit vor der Wahl gezielt erfasst hätten, aber diese »lila Flut« wurde durch die Veröffentlichung der Entscheidung »Dobbs gegen Jackson Women’s Health Organization« im Sommer 2022 ausgelöst, die den Präzedenzfall »Roe gegen Wade« aufhob.

Diese »lila Flut« erfasste die Wahlkabinen der Vereinigten Staaten, weil der Oberste Gerichtshof der USA etwas getan hatte, was es zuvor selten gab: Er hob ein verfassungsmäßiges Recht auf, das über ein halbes Jahrhundert lang Bestand hatte. Bei den Zwischenwahlen haben die Frauen die Trumpisten, die die »Dobbs«-Entscheidung verteidigt haben, leise und effektiv bestraft und viele von ihnen zum Teufel gejagt. Denn für die Mehrheit der Frauen war intuitiv völlig klar, dass die politische Elite – allen voran ihre männlichen Vertreter – nur sehr schlecht darüber urteilen kann, wann oder ob eine Frau darüber entscheiden kann, ob sie ein Kind bekommen möchte.

Die US-Amerikaner sind ein komischer Haufen. Sie lassen sich von ihrer politischen Führung eine Menge Mist gefallen. Aber wenn sie ihrer Rechte beraubt werden, kommt bei ihnen eine andere Seite zum Vorschein. Folglich gingen die Frauen schnurstracks in die Wahlkabinen und sorgten für eine Überraschung: Sie revidierten den Lauf der Geschichte, indem sie eine neue schrieben – ihre Geschichte!
Übersetzung: Jürgen Heiser

»Roe gegen Wade» war eine Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht, die der U.S. Supreme Court am 22. Januar 1973 fällte. Ihr zufolge verletzte ein Strafgesetz des US-Bundesstaats Texas zum Schwangerschaftsabbruch das verfassungsmäßige Recht einer Frau, über Abbruch oder Fortführung ihrer Schwangerschaft selbst zu entscheiden. Der Name der Grundsatzentscheidung leitet sich einerseits aus dem Namen der Klägerin ab, der mit »Jane Roe« anonymisiert wurde, und andererseits dem Namen des texanischen Bezirksstaatsanwalts Henry Wade, gegen den sich die Klage formal richtete. Anfang der 1970er Jahre galten in der Mehrzahl der US-Bundesstaaten vergleichbare Gesetze wie in Texas.

Am 24. Juni 2022 löste es landesweit Proteste vor allem von Frauen aus, als »Roe gegen Wade« und somit das Recht auf Schwangerschaftsabbruch aufgehoben und durch die neue Grundsatzentscheidung »Dobbs gegen Jackson Women’s Health Organization« des Obersten Gerichtshofs ersetzt wurde. Mangels eines umfassenden Bundesgesetzes können somit wieder die US-Bundesstaaten selbst über die Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen entscheiden, was bedeutet, dass die republikanisch regierten ein Abtreibungsverbot verhängen. (jh)

 
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