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Kolumne vom 1.03.03: Kampf ums Überleben

01.03.03 (von maj) Regierung und weißes Agrobusiness zwingen die schwarzen Farmer in die Knie

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 51, 1./2. März 2003

Die Mehrheit der afroamerikanischen Familien hat Verwandte oder Vorfahren, die auf den Farmen im Süden der USA gearbeitet haben, zumeist als sogenannte »Sharecroppers«. Das waren Landarbeiter, die auf Farmland der Weißen arbeiteten und zum Lohn einen Anteil (share) der Ernte (crop) bekamen. Nur wenigen war es nach dem Ende der Sklaverei gelungen, sich ein kleines Stück Pachtland zu erkämpfen, über das sie selber verfügen konnten.
Schwarze Farmer, die sich seit Jahrzehnten gegen die Behandlung wehren, die sie durch das US-Landwirtschaftsministerium erfahren, haben längst erkannt, daß die Bürgerrechtsbewegung an ihnen vorbeigezogen ist, ohne daß sich für sie etwas geändert hat. Nichts zeigt deutlicher den Grad des Klassenbewußtseins in den führenden Reihen der Bürgerrechtsbewegung als die ausschließliche Ausrichtung ihrer Ziele darauf, der schwarzen Bevölkerung Wege zu Berufen oder Arbeitsplätzen in der Industrie zu ebnen, während sie gleichzeitig nichts dafür unternahmen, die Not derer zu lindern, die ihr Brot mit harter Feldarbeit verdienen.
Jetzt haben die schwarzen Farmer es satt, daß sich in den letzten zwanzig Jahren für sie nichts getan hat, und deshalb führen sie jetzt ihren eigenen Bürgerrechtskampf. Es kam bereits zu Demonstrationen rings um das Landwirtschaftsministerium und zu weiteren lautstarken Protesten. Es laufen Informationskampagnen, mit denen die Öffentlichkeit darüber unterrichtet werden soll, wie die Lage derjenigen ist, die noch nicht aufgegeben haben, die Felder zu bestellen, Nahrung für alle zu produzieren und sich mit ihren Familienbetrieben über Wasser zu halten.
Die Lage der schwarzen Farmer in den USA ist mehr als ernst. Jahrzehntelange Diskriminierung durch das Landwirtschaftsministerium und seine lokalen und regionalen Verwaltungen, wodurch sie von Förderprogrammen ausgeschlossen wurden, wirkungslose Entscheidungen der Gerichte, leere Versprechen von Politikern und offener Verrat von Abgeordneten, die eigentlich ihren Eid darauf geleistet haben, sich für die Interessen der Menschen in ihren Wahlbezirken einzusetzen - all das hat die schwarzen Farmer und ihre Familien an den Bettelstab gebracht. Und selbst dieser Stab ist dünn und morsch.
R. Abdul Mu'min Muhammad, Sprecher der Farmer in der »Nation of Islam«, der größten islamischen Organisation in den USA, hat in einem Artikel festgestellt, daß bei den Farmern zwei Haupttendenzen erkennbar sind: Ein Teil von ihnen versuchte, Veränderungen durch gerichtliche Klagen durchzusetzen, der andere wollte etwas durch das Beschreiten der Verwaltungswege erreichen und erhoffte sich dadurch größere Zugeständnisse für den Einzelnen. Die Farmer mußten dabei die Erfahrung machen, daß es eine Sache ist, eine Klage zu gewinnen, eine andere aber, damit auch wirklich eine Veränderung zum Besseren zu erreichen. Den Farmern wurde tatsächlich in »einer der größten Bürgerrechtsklagen dieses Landes Recht zugesprochen«, so Muhammad, aber keine der Ursachen für die Klage sei beseitigt, im Gegenteil seien die Farmer jetzt gezwungen, sich künftig mit eben jenen Beamten des Landwirtschaftsministeriums zu arrangieren, gegen die sie gerade geklagt haben.
Gary Grant, Präsident der National Black Farmers and Agriculturalists Association (BFAA), lehnte den im Urteil festgeschriebenen Vergleich ab: »Dieses Urteil ist nicht umsetzbar, es verhindert vielmehr, daß 20.000 Farmer dafür entschädigt werden, daß sie jahrelang diskriminiert wurden und wegen des ungesetzlichen, offen rassistischen Vorgehens des Ministerium Millionen Morgen Land und Milliarden von Dollars an Einkommen verloren haben.«
Gerade weil die Ghettos in den Großstädten wie Pilze aus dem Boden schießen, dürfen die Potentiale der schwarzen Farmen nicht unterschätzt werden, die eine wichtige natürliche Ressource darstellen und von denen ein positiver Einfluß auf den Alltag und das Wohlergehen von Millionen Menschen ausgehen könnte. Die Menschen in den Städten müssen oft horrende Preise für Lebensmittel zahlen, die weder frisch noch nahrhaft sind. Ein intelligentes ökonomisches Programm könnte im Einklang mit einer gut durchdachten regionalen Planung dafür sorgen, daß die landwirtschaftlichen Produkte der Farmen direkt die Orte oder Stadtteile erreichen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Damit könnten dann zwei Probleme gleichzeitig gelöst werden: Reduzierung der Mangelernährung in den Großstädten und Stützung der von Pleite bedrohten Farmbetriebe. Die Beseitigung der Misere der schwarzen Farmer würde so letztlich dazu führen, daß wir die mißliche Lage von uns allen verändern.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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