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Kolumne 1.058 vom 30.08.2021: Krokodilstränen für Afghanistan

30.08.21 (von maj) Im Angesicht der dramatischen Entwicklung in Afghanistan sind die Massenproteste gegen die US-Kriege Anfang der 2000er Jahre in Vergessenheit geraten

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 200 vom 30. August 2021: Bitte HIER klicken!

Krokodilstränen für Afghanistan
Nach dem dramatischen Fall von Kabul durch die Taliban vergießt die politische Klasse in den Vereinigten Staaten von Amerika dicke Krokodilstränen. Sie beklagt jedoch nicht etwa die zahllosen Opfer des Krieges, sondern die Kosten des US-Abzugs aus Afghanistan.

Was jedoch völlig in Vergessenheit geraten ist, sind die beispiellosen Proteste gegen die Kriege der USA nach »911«, den Anschlägen vom 11. September 2001. Erinnert sei an die Massenproteste vom Februar 2003, bevor der Krieg gegen Irak begann. Damals bebte die Erde wegen marschierenden Menschen, die in den USA und in vielen Ländern rund um den Globus gegen die Kriege des Imperiums protestierten. Der damalige US-Präsident George W. Bush ignorierte diese Proteste und nannte die Teilnehmer Leute, die Aufmerksamkeit erregen und »im Mittelpunkt stehen« wollten.

Der US-Autor und kritische Journalist Robert Jensen berichtete in seinem 2004 erschienenen Buch »Citizens of the Empire: The Struggle to Claim Our Humanity« (»Bürger des Imperiums: Der Kampf um unsere Menschlichkeit«), dass »die weltweiten Aktionen am 15. Februar 2003 die größte politische Demonstration der Geschichte waren«.

Millionen von Menschen auf der ganzen Welt strömten damals auf die Straßen, um die Bush-Regierung daran zu hindern, weitere Kriege zu entfesseln. Wie konnte es sein, dass die Regierung einer angeblichen Demokratie die Meinung von Millionen Menschen einfach ignorierte? Aber genauso geschah es, und die Konsequenz war, dass ab dem 7. Oktober 2001 mit dem Einmarsch der NATO-Truppen die Hölle über Afghanistan hereinbrach und sie fast 20 Jahre lang das Chaos anrichteten, dessen vorläufigen Höhepunkt wir gerade erleben. Was wäre gewesen, wenn die Massenproteste damals die Oberhand gewonnen hätten? Wir werden es leider nie erfahren.
Übersetzung: Jürgen Heiser

Im November 2001 schrieb Abu-Jamal in einem seiner zahlreichen Kommentare zu diesem Thema: »Die Aufmerksamkeit der amerikanischen Öffentlichkeit ist auf Afghanistan gerichtet. Laut Zeitungsberichten griffen die USA erst nach dem sowjetischen Einmarsch ein, um den Mudschaheddin beizustehen. Oder gibt es auch eine andere Deutung? 1988 gab der frühere US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski dem französischen Le Nouvel Observateur (LNO) ein Interview, in dem er davon berichtete, dass die USA und die CIA schon Monate vor den Sowjets in Afghanistan aktiv waren:

›Brzezinski: Laut der offiziellen Version der Geschichtsschreibung begann die Unterstützung der CIA für die Mudschaheddin 1980, nachdem die sowjetische Armee am 24. Dezember 1979 in Afghanistan einmarschiert war. Aber die Wahrheit, die bis jetzt geheim gehalten wurde, sieht völlig anders aus. Tatsächlich war es bereits am 3. Juli 1979, als Präsident Carter die erste Direktive für geheime Hilfsleistungen an die Opponenten des prosowjetischen Regimes in Kabul unterzeichnete. Und genau an diesem Tag habe ich eine Note für den Präsidenten geschrieben, in der ich ihm erklärte, dass meiner Meinung nach diese Unterstützung eine sowjetische Militärintervention auslösen würde.

LNO: Bereuen Sie irgend etwas davon heute? Brzezinski: Die Geheimoperation war eine exzellente Idee. Sie sorgte dafür, dass die Russen in die afghanische Falle tappten, was soll ich da bereuen?‹

Die ›afghanische Falle‹ führte zu zwei Millionen Toten unter der afghanischen Bevölkerung, sechs Millionen Exilanten und 20.000 Toten unter den sowjetischen Truppen. Provokationen. Vorwände schaffen. Medienmanipulationen. Fallen. Spione. Verdeckte Operationen. Millionen Tote. Millionen ins Exil getrieben. Warum wird ein Krieg begonnen? Auf diese Frage gibt es so viele Antworten wie es Kriege gibt.« (Aus: Mumia Abu-Jamal: »Das Imperium kennt kein Gesetz. Texte gegen Globalisierung und Krieg«, Bremen 2003, S. 119f.)(jh)

 
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