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Kolumne 922 vom 10.09.2018: Noch nicht erzählte Geschichten

10.09.18 (von maj) Die Ausbeutung von Arbeitsimmigranten in den USA ist kein Stoff für Hollywoodfilme

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 210 vom 10. September 2018: Bitte HIER klicken!

Noch nicht erzählte Geschichten
Man kann über die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump sagen, was man will, aber eines ist sicher: Vom ersten Tag an war Migration das Thema Nummer eins. Genauer gesagt, beherrschte die angebliche Angst der US-Bürger vor der »wachsenden Flut von Migranten« – insbesondere von Mexikanern oder anderen »nichtweißen« Einwanderern – den öffentlichen Disput.

Vor einigen Tagen las ich das Buch »No One is Illegal. Fighting Racism and State Violence on the US-Mexico Border« des Autorenduos Justin Akers Chacón und Mike Davis (Haymarket Books, Chicago). Dabei habe ich buchstäblich auf fast jeder Seite etwas Neues gelernt, vor allem über die erschütternde Geschichte, wie Einwanderer in den Vereinigten Staaten von Amerika im Laufe der Zeit behandelt wurden.

Die jüngere Einwanderungsgeschichte der USA wird meistens aus der Perspektive betrachtet, dass es je nach Konjunkturlage der Ökonomie um die jeweilige mehr oder weniger große Nachfrage nach Arbeitsmigranten aus China, Japan, den Philippinen und später aus Mexiko ging. Ihre Rekrutierung lief immer ähnlich ab: Sie wurden zur Arbeit in der Landwirtschaft oder zum Bau der Eisenbahnstrecken ins Land geholt, zunächst willkommen geheißen, dann bis auf die Knochen ausgebeutet und schließlich, wenn man sie nicht mehr brauchte, von Politikern und Medien so lange verteufelt, bis sie unter ständigen Angriffen und Diffamierungen am Ende ausgewiesen oder sonstwie aus dem Land gejagt wurden.

Diesen rechtlosen Arbeiterinnen und Arbeitern wurden nur Hungerlöhne gezahlt, manche, wie beispielsweise die chinesischen Migranten, die man im 19. Jahrhundert zum Bau der Eisenbahn nach Nordamerika holte, wurden von weißen Schlägern und Bürgerwehren durch die Straßen gehetzt und angespuckt, als man sie nicht mehr brauchte. Einige wurden zusammengeschlagen, andere brutal ermordet.

Anfang der 1940er Jahre entwickelte die US-Regierung das sogenannte Bracero-Programm, abgeleitet vom spanischen Wort »Bracero« für Feldarbeiter. Es umfasste eine Reihe von Gesetzen und bilateralen Abkommen mit Mexiko, wie das am 4. August 1942 unterzeichnete »Mexican Farm Labor Agreement«. Es garantierte den Arbeitsmigranten Unterkünfte mit sanitären Einrichtungen und eine angemessene Ernährung sowie einen Mindestlohn von 30 Cent pro Stunde. Als die mexikanischen Migranten dann in den Norden kamen, um die Arbeit aufzunehmen, wurden sie jedoch von anderen Arbeitern getrennt untergebracht und isoliert, um sie leichter ausbeuten zu können. Sobald ihre Arbeitsverträge ausgelaufen waren, mussten sie das Land sofort wieder verlassen und nach Mexiko zurückkehren.

Nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg im Dezember 1941 halfen die mexikanischen Migranten durch ihre Arbeit, die Versorgung des Landes mit landwirtschaftlichen Produkten sicherzustellen – oft nur für ein paar Cent für die Schufterei –, aber zum Dank wurden sie diffamiert und ghettoisiert, und man verbot ihnen jede gewerkschaftliche Organisierung. Wenn sie es dennoch versuchten, wurden sie sofort verhaftet und des Landes verwiesen!

Wer am härtesten arbeitet, bekommt den niedrigsten Lohn. Kommt das jemandem bekannt vor? Die Geschichte der Kämpfe der Arbeitsmigranten in den USA öffnen einem wirklich die Augen. Es ist kein Vergnügen, ein Buch wie »No One is Illegal« zu lesen, aber sehr lehrreich. Dieser Teil der US-Geschichte ist nicht Gegenstand von Hollywoodfilmen. Es gibt noch viele Geschichten, die erzählt und aufgeschrieben werden müssen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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