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Kolumne 903 vom 9.04.2018: Die Mauern von Jericho

09.04.18 (von maj) Die schwarze Freiheitsbewegung in den USA stützt sich auf biblische Erzählungen

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 81 vom 9. April 2018: Bitte HIER klicken!

Die Mauern von Jericho
Über Jahrhunderte nutzten schwarze Sklaven auf den Plantagen im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika und schwarze Häftlinge in den Kerkern des Landes Gleichnisse und Geschichten der Bibel als Ausdrucksmittel in ihrem langwierigen Kampf für ihre Freiheit. In der langen und dunklen Nacht der Knechtschaft verwandelten sie diese Bibelgeschichten in Freiheitslieder. Irgendwann nannte man diese »Negro Spirituals«.

Ein Beispiel dafür ist das Lied »Joshua fought the battle of Jericho«, umgangssprachlich auch oft als »Joshua fit the battle of Jericho« überliefert. Es erinnert an die im Buch Josua des Alten Testaments geschilderte Eroberung der kanaanäischen Stadt Jericho – heute eine Stadt in den Palästinensischen Autonomiegebieten des Westjordanlandes – durch die aus Ägypten ausziehenden Israeliten unter Führung Josuas. Im Refrain des Liedes heißt es: »Josua schlug die Schlacht von Jericho / und die Stadtmauern stürzten taumelnd ein.«

Die aus Afrika verschleppten Sklaven waren zumeist Analphabeten, und so wurden ihre Gesänge auf den Plantagen zu Gebeten für die Befreiung der Schwarzen, die durch die langen Korridore ihrer Geschichte hallten. Dem Bild der durch den schallenden Klang der Widderhörner einstürzenden Mauern Jerichos kam dabei als Sinnbild für einstürzende Gefängnismauern besondere Bedeutung zu. Als junge Schwarze sich Mitte des 20. Jahrhunderts der Freiheitsbewegung anschlossen, behielt auch für sie der Name Jericho seine legendäre Aura der Freiheit.

Seit 20 Jahren kämpft das danach benannte »Jericho Movement« in den USA für die Freiheit schwarzer Revolutionäre, Veteranen der Black Panther Party, der Black Liberation Army und anderer revolutionärer Organisationen. Viele Jahre wurde diese Bewegung von der bemerkenswerten Revolutionärin Safiya Bukhari geleitet, die vor 15 Jahren im Alter von 53 Jahren starb.

Bukhari, die selbst eine langjährige Anführerin der Black Panther Party, eine Kämpferin der Black Liberation Army und Vizepräsidentin der Republik of New Africa war, setzte sich ausdauernd und mit aller Kraft für die Freiheit der politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen aus den antikolonialen Kämpfen ein. Man sagte ihr nach, sie würde für zehn arbeiten, und für alle, die Safiya näher kannten, ist dies sicherlich noch eine Untertreibung.

Safiya Bukhari, die wir lieben und an die wir uns wegen ihres Mutes, Fleißes und hingebungsvollen Engagements im Kampf für die Freiheit der Schwarzen erinnern, lebt nicht mehr. Aber das »Jericho Movement«, dem sie ihre ganze Lebensenergie widmete, existiert weiter. Und die »Jericho-Bewegung« führt heute den jahrhundertelangen Kampf der schwarzen Sklaven und Gefangenen für die Freiheit weiter. So wie in diesem bittersüßen, tragischen Gesang, der von der unstillbaren Sehnsucht nach Freiheit handelt, die Stimmen der in Ketten gelegten afrikanischen Sklaven widerhallen: »Josua schlug die Schlacht von Jericho, und die Stadtmauern stürzten taumelnd ein.«

Übersetzung: Jürgen Heiser

www.thejerichomovement.com

 
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