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Kolumne 864 vom 10.07.2017: Ein revolutionärer Journalist

10.07.17 (von maj) Der Psychiater und Revolutionär Frantz Fanon und sein Meisterwerk »Die Verdammten dieser Erde«

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 157 vom 10. Juli 2017: Bitte HIER klicken!

Ein revolutionärer Journalist
Wer sich mit der Entwicklung der weltweiten schwarzen Revolution des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt, kommt an dem Meisterwerk »Die Verdammten dieser Erde« des Psychiaters und Revolutionärs Frantz Fanon (1925–1961) nicht vorbei. Es galt seit seiner Veröffentlichung 1961 von Accra in Ghana bis nach Oakland in Kalifornien als das »Handbuch der schwarzen Revolution«.

Dieses Werk, das sowohl eine psychologische Studie als auch eine Diagnose des französischen Kolonialismus in Algerien ist, gab den antikolonia­len Militanten einen tiefen Einblick in die wahre Natur des Imperialismus und über die explosionsartige Ausbreitung des Widerstands dagegen. Kathleen Neal Cleaver, ehemalige Anführerin der Black Panther Party, schrieb wiederholt darüber, dass Fanon einen »erheblichen« Einfluss auf die schwarzen Revolutionäre in den USA hatte.

Bevor Fanons »Die Verdammten dieser Erde« – im Original auf Französisch »Les Damnés de la Terre« – kurz vor seinem Tod veröffentlicht wurde, hatte er über Jahre anonym eine beachtliche Zahl von Artikeln für das revolutionäre algerische Journal El Moudjahid geschrieben. Zwischen September 1957 und Januar 1960 waren die Angriffe von El Moudjahid auf die politischen und militärischen Offiziellen der französischen Kolonialmacht ungewöhnlich scharf und fokussiert. In ihnen spiegelten sich Fanons einzigartige psychologische und ideologische Erkenntnisse aus den algerischen und afrikanischen Kämpfen gegen den europäischen Imperialismus wider. Der arabische Begriff El Moudjahid bezeichnet denjenigen, der einen »Djihad«, einen Kampf führt. Fanon führte mit seinen Artikeln einen schlagkräftigen Krieg der Worte gegen die in Algerien herrschende ausländische Besatzungsmacht.

Fanon war jedoch weitaus mehr als ein Krieger der Worte. In dem erst nach seinem Tod im Jahr 1964 publizierten Werk »Pour la révolution Africaine« (dt. 1972: »Für eine afrikanische Revolution«) erweist sich Fanon als scharfer Kritiker, politischer Analytiker, Afrikanist, Internationalist, Marxist und Antiimperialist. In seinen in El Moudjahid publizierten Artikeln gab er der » Front de Libération Nationale« (FLN), der Nationalen Befreiungsfront Algeriens, eine Stimme und verspottete die Versuche der französischen Kolonialmacht, die FLN mit Vergewaltigungen, Morden und Massakern in Verbindung zu bringen. Er verurteilte arabische und afrikanische Kollaborateure und analysierte, wie die französischen Streitkräfte Folter einsetzten, um die Kräfte des algerischen Widerstands einzuschüchtern. Fanon schrieb, dass »Folter in Algerien kein Zufall, kein Versehen oder Fehler« war. Der Kolonialismus sei »ohne die Möglichkeit der Folter, gewaltsamen Verletzung oder der Massaker« nicht zu verstehen.

Fanon war ein revolutionärer Journalist, oder deutlicher: ein Revolutionär, der auch als Journalist wirkte. Er fühlte sich von Herzen mit allen antiimperialistischen, revolutionären und nationalen Befreiungsbewegungen verbunden. Sein Herz war auf der Seite befreundeter Revolutionäre wie Kwame Nkrumah aus Ghana und Patrice Lumumba aus dem Kongo. Sein Herz war mit denen, die er »Die Verdammten dieser Erde« nannte – mit allen Besitzlosen dieser Welt.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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