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Kolumne # 839 vom 16.01.2017: Ein Leben nach dem Todestrakt

16.01.17 (von maj) Vor wenigen Tagen entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass die derzeitige Praxis der Verhängung der Todesstrafe in Florida verfassungswidrig ist

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 13 vom 16. Januar 2017: Bitte HIER klicken!


Ein Leben nach dem Todestrakt
Im Jahr 2012 saßen im US-Bundesstaat Florida rund 400 Gefangene in den Todeszellen. Im Vergleich zu allen anderen US-Bundesstaaten lag Florida damit an zweiter Stelle gleich nach Kalifornien, wo über 700 Männer und Frauen in den Todestrakten ihre Hinrichtung durch die Henker des Staates erwarteten. Die Gesamtzahl aller Häftlinge in Floridas Strafanstalten belief sich nach Angaben der statistischen Abteilung des Justizministeriums im selben Jahr auf mehr als 100.000 Männer, Frauen und Jugendliche, die drittgrößte Zahl von Insassen in allen Gefängnissen der USA.

Vor wenigen Tagen entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass die derzeitige Praxis der Verhängung der Todesstrafe verfassungswidrig sei. Deshalb ordneten die Staatsgerichte Floridas nun Anhörungen über die Neuverhandlung des Strafmaßes in den Verfahren von etwa einhundert Todeskandidaten an. Deren Todesurteile werden in nächster Zeit entweder in lebenslange Haft umgewandelt, oder es wird noch einmal ganz neu über das Strafmaß verhandelt.

Der Grund für die Entscheidung ist, dass die Gesetze des Staates Florida es bislang einem Richter erlaubten, das Urteil einer Jury aufzuheben, wenn es nicht dem Willen des Gerichts entsprach. Wenn Geschworene sich nicht einstimmig auf ein Todesurteil einigen konnten, sie sich also beispielsweise mit acht zu vier Stimmen für einen Schuldspruch auf lebenslange Haft entschieden, konnte ein Richter dem widersprechen und selbst die Todesstrafe verhängen.

Den Gerichten in Florida war seit der höchstrichterlichen Entscheidung im Fall »Ring gegen Arizona« im Jahr 2002 durchaus bekannt, dass jeder Angeklagte ein Recht darauf hat, dass im Fall eventuell vorhandener erschwerender Umstände eine Jury – und nicht ein Richter – die Entscheidung darüber trifft, ob zwingend ein Todesurteil verhängt werden muss oder nicht. Trotzdem trafen in den oben erwähnten einhundert Fällen die jeweils vorsitzenden Richter die letzte Entscheidung, und fällten somit verfassungswidrige Urteile.

Fünfzehn Jahre lang wurden infolge dessen einhundert Menschen im Todestrakt gefangengehalten, bevor die gegen sie ergangenen illegalen Todesurteile nun endlich aufgehoben werden. Wie viele dieser Gefangenen sind in dieser Zeit wahnsinnig geworden? Wie viele von ihnen begingen Selbstmord? Wie viele traten schon ihren letzten Gang in die Hinrichtungskammer an, um dort auf verfassungswidrige Weise umgebracht zu werden, weil ihre schlecht bezahlten oder inkompeteten Pflichtverteidiger sie nicht davor bewahren konnten? Wir wissen es nicht, und wir werden es vielleicht niemals erfahren.
Nun aber können die Verurteilten in Florida wieder neue Hoffnung schöpfen, dass es ein Leben nach dem Todestrakt gibt.
Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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