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Kolumne # 702 vom 7.06.2014: Im Fadenkreuz

07.06.14 (von maj) Masseninhaftierungen von Menschen aus unterprivilegierten Bevölkerungsgruppen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 130 – 7./8. Juni 2014

Eine Gruppe Männer stürmt in Geschäfte, bedroht die Inhaber mit Waffen, attackiert eine Frau sexuell, raubt insgesamt 100 000 US-Dollar und läßt in mehreren Fällen Lebensmittel mitgehen, bevor sie verschwindet. Wie würde man eine solche Gruppe nennen? Wie würden die Medien sie nennen?
Andere Szene: Junge Leute dringen in der Innenstadt von Philadelphia in eine Reihe von Läden ein und zocken Klamotten, Sneakers und andere Waren ab, und im allgemeinen Durcheinander gelingt es ihnen, unerkannt zu entkommen. Die Medien sprechen von »Flashmobs«, und in öffentlichen Kommentaren tituliert man die Jugendlichen als »Tiere«, »Wilde« und »Kriminelle«. Politiker eilen an die Mikrofone, verurteilen das Geschehene, kündigen an, man werde der Täter habhaft werden und sie »umgehend und hart« bestrafen. Als ein paar von ihnen einige Zeit später verhaftet werden, verurteilen die Richter sie zu langen Haftstrafen.
Worin unterschieden sich beide Gruppierungen? Erstere bestand aus Polizeibeamten der Drogenfahndung von Philadelphia, die Überfälle auf örtliche »Bodegas«, Boutiquen und Tabakläden verübten und vor den Überfällen die Kabel von Überwachungskameras kappten. Ihre Opfer waren in der Regel aus lateinamerikanischen Ländern stammende Migranten, Männer und Frauen, die sich ein kleines Geschäft aufgebaut hatten. Wie wurden diese Polizisten von Politikern, Staatsanwälten und der Presse genannt? »Polizeibeamte«. Und was passierte wohl, nachdem die Strafverfolgungsbehörden fünf Jahre lang ermittelt hatten? Rein gar nichts. Es kam zu keiner einzigen Anklage. Ein paar der Cops waren zwar suspendiert worden, nachdem aber die Entscheidung gefällt war, auf Anklagen komplett zu verzichten, werden einige von ihnen, vielleicht sogar alle, in ihre Jobs zurückkehren und ihre Gehälter nachgezahlt bekommen. »Sie haben nichts Schlimmes getan. Gehen wir also zur Tagesordnung über.«
Als die Polizei vor mehr als einer Generation das Haus der Move-Organisation in Philadelphia angriff, es durch eine Brandbombe in Flammen aufgehen ließ und elf Erwachsene und Kinder tötete, wurde ein Präzedenzfall für die Straflosigkeit eines solchen Staatsterrorismus geschaffen. Als die Öffentlichkeit 1985 zu dem Massaker an den Move-Mitgliedern schwieg, gab sie ihr Okay zu dieser Gewalt, die seitdem auch anderen angetan wurde, und öffnete Tür und Tor für eine in der US-Geschichte beispiellose gewaltsame Repression.
Daraus erklärt sich auch das Phänomen der wachsenden Masseninhaftierungen, dieser Fieberrausch, Menschen aus bestimmten Bevölkerungsgruppen ins Fadenkreuz zu nehmen, sie zu dämonisieren, mit hohen Strafen zu belegen und einzusperren. Unsere »Black faces in high places« – schwarze Politiker in hohen Positionen – haben keinerlei Lösung für dieses Problem parat, weil sie selbst schonzu lange am Tropf der Profite aus der Masseninhaftierung hängen. Sie selbst sind das Problem und nicht die Lösung. Sie sind Nutznießer und Stütze der Herrschaft derjenigen, die uns unterdrücken. Wie also sollen sie die Krise lösen, die sie mit geschaffen haben? Werden sie nicht aus den schwarzen Kassen der Polizeigewerkschaften bezahlt, um sie befangen zu machen oder zum Schweigen zu bringen? Die Lösung kann deshalb nur von uns kommen. Wir, das Volk, müssen nein sagen zu diesem infernalischen Status quo, weil wir ihn am besten kennen. Wir müssen uns vereinen und eine Bewegung aufbauen, um den gegenwärtigen Stand der Dinge ein für allemal zu verändern.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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