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Kolumne # 686 vom 15. 02.2014: Krieg gegen eigene Bürger

15.02.14 (von maj) US-Terrorwarnungen erinnern an Zeit des Kalten Krieges

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 39 – 15./16. Februar 2014

Seit Jahrzehnten ist die Angst vor Anschlägen nicht mehr derart hochgepeitscht worden wie vor den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi. Wie die US-Medien melden, soll für die Spiele eine Bedrohung von sogenannten schwarzen Witwen und von Zahnpastatuben ausgehen. Wobei erstere nicht etwa Frauen mit schwarzer Hautfarbe sind, sondern weibliche Angehörige ethnischer Minderheiten der Russischen Föderation. Und mit Sprengstoff gefüllte Zahnpastatuben sollen angeblich für Anschläge genutzt werden.
Vor einem Jahr haben russische Geheimdienstler ihre Amtskollegen in den USA über die Anschlagspläne tschetschenischer Nationalisten informiert. Die US-Sicherheitsbehörden ignorierten jedoch diese Warnung, und so riß sie der Anschlag auf den Marathonlauf in Boston aus ihrer Lethargie. Vielleicht ist an den aktuellen Terrorwarnungen aus den USA für die Olympischen Winterspiele ja auch etwas Wahres dran, aber sie haben einen faden Beigeschmack, der an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert. Überreaktionen können manchmal genauso gefährlich sein wie ausbleibende Reaktionen. Sie können Angst und Panik verbreiten, die wie ein Gift die ganze Gesellschaft erfassen. Regierungen bedienen sich häufig der Methode, Ängste in der Bevölkerung zu schüren, und manchmal führt das zu Konsequenzen, die einer Nation großen und nachhaltigen Schaden zufügen können.
Es war nämlich genau diese Angst, die in den USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu einer härteren Rechtsprechung geführt hat, ähnlich wie sie schon in den Jahrzehnten davor der sogenannte Antidrogenkrieg bewirkte. Und dieser Krieg ist real, aber er wird im Inland gegen die eigenen Bürger geführt, von denen die Mehrzahl Afroamerikaner, Latinos oder in Armut lebende Weiße sind. Dieser Krieg wird mit Worten geführt, mit denen voreingenommene Richter vor obrigkeitshörigen Geschworenen in Gerichtssälen herumgeifern, um nach Tausenden und Abertausenden zählende Angeklagte lebenslang hinter Gitter zu bringen, die in der Regel nichts anderes gemacht haben, als ihren eigenen Körpern chemische Substanzen zuzuführen.
Dieser Krieg wird durch die hartherzige Gleichgültigkeit von Politikern, die Angst der Richter und die Bereitschaft der Geschworenen ermöglicht, menschenfeindliche Gesetze zu befolgen. Dieser Krieg ist jedoch schon heute genauso verloren wie der angebliche »Krieg gegen den Terror«.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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